Von Weltklasse bis Supertalent und naja…
Laut der Inhaltsangabe stellte ich mich auf einen unheimlich feinfühligen mit Emotionen überladenen Abend ein, der es entweder schafft mich wirklich zu packen und die von Wanda besungen „AMORE“ zu transportieren oder es würde eben bei der Emotionalität von „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ enden.
In der ersten Tanzchore fiel auf, dass die Symmetrie nicht ganz gegeben war: es tanzen drei Männer mit einer Frau und ein Pärchen nur aus Frauen. Entweder ein Herr wurde krank und eine Tänzerin sprang ein oder man war schon im Zeitalter von Conchita Wurst&Co angelangt und es wird später auch eine Liebesgeschichte zwischen zwei Frauen erzählt. Am Ende stellte sich heraus, dass es sich nur um jeweils zweier Grüppchen handelte, die später nacheinander einen Showauftritt haben und da war es eben so, dass die akrobatischen Schlangenfrauen nun mal zwei Frauen waren – nichts mit AMORE zwischen Frauen, einfach nur Schlangenpartnerinnen.
Wir sehen hier also nach und nach Auftritte verschiedener Solokünstler oder Akrobatikduos. Den Anfang machte der Schauspieler und Moderator der eine Datinggeschichte von Heinrich Wolfram erzählte (ich bin mir nicht mal sicher, ob das sein richtiger Name war – der Künstler sprach zwar betont schön, aber für meine Ohren oft unverständlich) – eigentlich trat er nur auf, damit man im Hintergrund die Bühne umbauen konnte – so wirkte es zumindest und die Darbietung gefiel mir äußerst schlecht: es wurde versucht mehrere Rollen zu imitieren, woran er versagte und das nervigste war, dass die Geschichte ja immer weiter ging, wenn die Bühne wieder umgebaut werden musste. So hörten wir also Erzählungen über sein schütteres Haar, über Blähungen in der U-Bahn während dem Date und am Ende findet er ja doch seine Geliebte.
Danach kam ein Musikkabarettist der ein Lied über die Singlewohnung eines Mannes und einer Frau darbot. Klischees wie „beim Mann sterben die Blumen“ und „bei der Frau riecht es immer nach Duftkerzen“ kamen dabei nicht zu kurz!
Darauf folgte eine wahrlich beeindruckende Jongliereinlage, die aber mit Liebe und dem „erstes Mal“ gar nichts zu tun hatte.
Das Highlight des Abends war aber das „Duo Charisma“. Hier spürte ich AMORE in der Trapezkunst und in ihrer Akrobatikshow wie ich sie noch nie auf der Bühne wahrgenommen habe. Man war verleitet den Partner neben an zu betatschen, einfach weil man gerade das Bedürfnis nach Nähe bekam. Unglaublich und eigentlich nicht in Worte zu fassen was Kunst hier leistet und leisten kann.
Das Niveau von „Duo Charisma“ hat all die anderen, beeindruckenden und handwerklich sicher sehr guten Akrobatikakteure leider etwas in den Schatten gestellt. Man kommt einfach nicht drum herum bei so einer Show zu vergleichen und nach der wirklich fantastischen körperlichen Leistung in Einklang mit Musik und Emotion, wirkten die anderen Tanz- und Jongliershows einfach nicht mehr ebenbürtig. Comedy ist da was ganz anders – die hatte zwar oft wenig mit „erstes Mal“ zu tun, werden mit den Körperkünstlern aber einfach nicht verglichen. Zu guter letzt gab es noch eine Sandmalerin, die ich aber auch schon vor zehn Jahren beim „Supertalent“ gesehen habe – nett, aber in Zeiten von Youtube einfach nicht mehr ganz so catchy.
Nach der All-Inclusive Show
Nach zweieinhalb Stunden (mit Pause) kam ich mir kulturell etwas überfressen vor, wie nach dem Besuch beim All-You-Can-Eat-Asiaten nebenan. Man musste alles probieren und am Ende merkte man, dass es vielleicht klüger gewesen wäre sich auf einen Hauptgang zu konzentrieren. Das war beim „ersten Mal“ aber nicht möglich. Unsere Tischnachbarn, die sich bisher alle Produktionen im Congress im Rahmen vom „Festival der Träume 2015“ angesehen haben, meinten, dass das heute die schwächste Produktion war, weil sie nicht wirkte als wäre sie aus einem Guss! Das kann ich nur unterschreiben. Dennoch bin ich jetzt neugierig und kann das Festival an sich nur weiterempfehlen. Es gibt Highlights wie das „Duo Charisma“ die mich einfach umhauten – da träumt man dann auch noch weiter wenn die blöde Geschichte von Heinrich nervt.
Titelbild: Festival der Träume/Melanie Schmidt