Der Inhalt
Für circa 90 Minuten bekommen wir Einblick in die Innen- und Außenwelt des depressiven, pubertierenden, 14-jährigen Ovid.
Ovid ist ein Kind der untersten Unterschicht. Zumindest beschreibt er uns das so. Gezeugt beim One-Night-Stand im Urlaub am Strand, wächst er bei der Mutter in einer scheiß Wohnung auf, kann sich keine neue Jeans leisten und das Jugendamt schaut auch immer wieder vorbei.
Die Inszenierung
Zwei Männer (22 und 33) und eine Frau (34) spielen den 14-Jährigen. Es handelt sich eigentlich um einen rund 50-seitigen Monolog. Daraus wurden Szenen gemacht. Der Text ist phasenweise dermaßen intellektuell und schwermütig, dass er wohl kaum aus der Feder eines 14-Jährigen stammt. Tut er ja auch nicht.
Über weite Strecken gelingt es dem Ensemble aber die Schwermütigkeit des Textes zu simplifizieren. Sprich: man kann dem Ganzen echt gut folgen und es unterhält. Besonders gut gelingt dies, wenn Musik zum Einsatz kommt. Die zwei ausgebildeten Mimen (33 und 34) übernehmen den Großteil des Textes, während sich der 22-Jährige (nicht ausgebildete Schauspieler) fokussiert um die Musik kümmert, aber auch immer wieder kleinere Textpassagen übernimmt. Dieser unschuldige Zugang des Jünglings zum Spiel, wirkte weitaus leichter und ehrlicher als jener seiner Profi-Kollegen. Sprachlich waren die zwei einwandfrei, aber es blieb in langen Monologen oft nur Sprache.
Technisch gesehen befinden wir uns hier auf einem Niveau, wie man es in Innsbruck und Umgebung selten sieht. Sei es die perfekt getimte Musik, die Kamera-Elemente, das körperliche Spiel miteinander oder das Agieren auf improvisierte Situationen in der Inszenierung. Eigentlich Basics, leider aber zu oft Dinge, die wirken, als wären sie abgekoppelt vom Rest und eben nicht Teil des großen Ganzen.
Was passiert?
Es scheint mir nahezu unmöglich ein generelles Statement abzugeben. Jeder wird an diesem Abend einen Moment finden, an dem er innerlich andockt. Seien es Themen wie „Bin ich ein Wunschkind?“, „Sind meine Eltern Arschlöcher?“, „Warum mag mich keiner? – Ich wäre ja gern ihr Freund “ oder „Warum haben alle diese geile, rote Jeans, nur ich nicht?“. „Für diese Jeans hätte ich dich ein Leben lang geliebt, Mutter. Jetzt aber hasse ich dich!“.
Wer oder was ist Gott? Hat mein Leben einen Sinn oder war ich eigentlich schon immer tot? Doch warum jetzt aufgeben, wo ich doch erst gelernt habe nicht in die Hose zu scheißen? Da kommt doch noch was, oder? Manchmal setzt man einfach eine Sonnenbrille auf, geht auf ein Konzert (oder ins Theater) und dann IST man Gott. Das Leben geht vorbei – machen wir das Beste daraus. Meist retten wir uns ohnehin selbst vor dem Ertrinken und wahrscheinlich sind wir am Ende alle nur Tiere…
Das Fazit
Nachdem die Welturaufführung eigentlich an einem großen Theater in Deutschland geplant war, kam dieses Stück nach eineinhalb Jahren Organisation und Hartnäckigkeit ins kleine Theater Praesent in die Weltstadt Innsbruck. Das Skript ist das, was ich mir im Jahr 2016 vorstelle: Ein toller Text. Auch wenn er die Schnelllebigkeit unserer Zeit zeigt. Wer trägt heute noch rote Jeans? Also Bitte! Das ist ja sowas von 2013…
Jetzt muss ein Theater daraus aber was machen. Und das Theater Praesent hat etwas Ordentliches gemacht: Es berührt, unterhält und ist innovativ. Die Autorin ist sicher zufrieden. Ich auch. Da kann das Weltpublikum auch wirklich mal in der Jahnstraße 25 in 6020 Innsbruck vorbeischauen.
Infos zu den weiteren Vorstellungen findet ihr hier.
Was hat das ganze aber mit Ovid zu tun? Habe mir das Stück gestern noch angeschaut, fand zwar die Sprache schön, aber das Stück eher handlungsarm und unentschlossen. Am Anfang ging es ja noch, und man war von der Schönheit der Sätze ergriffen, dann aber lahmte für mich das Stück, fand irgendwie keinen richtigen Fortgang. Und da dachte ich dann auch, so redet doch kein Vierzehnjähriger? Und weiters fragte ich mich: Wen will die Autorin da ansprechen? Die Jugend, um die es im Stück ja geht, wohl kaum. Eher ein theaterkunstbeflissenes Publikum, das sich an den schönen Sätzen erbauen mag, sie genießen. Aber, wie gesagt davon allein lebt kein Stück. Eigentlich schade, wie da schließlich ein interessantes Thema einer Beliebigkeit geopfert wird, und obendrauf der Name eines römischen Dichters gestellt wird, dem dem Stück eigentlich so gut wie nichts zu tun hat, aber halt ein griffiger Titel ist.