Und staunt, was es überhaupt so alles für Orte gibt, die der Kunst Unterschlupf gewährt, während man allseits versucht, sie wieder einzufangen.
Von den großen Häusern über die etablierten Off-Galerien über die neuen Hipstervereine öffnet alles, was in Innsbruck eine Tür hat, diese der Kunst, ihren Verehrern und Kritkern.
Denn einmal im Jahr ist sie auch in Tirol ganz demokratisch, die Kunst; dann sitzt sie nicht nur auf dem Schoß der Elite, sondern lässt sich auch auf einen Flirt mit „den anderen“ ein. Sie kommt von ihrem Podest herunter und will plötzlich nicht mehr nur bewundert werden, sie möchte berührt werden, in Austausch treten, sich enthüllen und offenbaren.
Sehr sehenswert ist etwa die Ausstellung „Präsenz“ des Haller Künstlers Hermann Graber im coolen styleconception.openspace (noch bis 17. November). Mit seinen skurrilen Installationen und Skulpturen – vom fliegenden Christus über den Kunstabfluss bis hin zum Tiroler Saufkopf ist dieser erste und letzte hiesige Dadaist gleichermaßen Träumer wie Sozialkritiker und damit genau das, was wir so dringend brauchen und oft so ungern haben wollen.
Kunst vermag, uns einen Zugang zu unseren archaischen Wurzeln zu bahnen, in der wir zu jener Präsenz finden, die die Digitalisierung so gründlich verhindert. So verstanden ist Kunst auch eine Ermächtigung für den Betrachter.
Für alle, die sich gleich ganz inspiriert fühlen und selbst ein bisschen werkeln möchten, bieten die Premierentage schöne Partizipationsmöglichkeiten: Im WEI SRAUM wird am Samstag von 11.00-14.00 für den inneren Frieden gestickt, nach den Gepflogenheiten des alten Handwerks.
Im wunderbaren „bilding“ im Rapoldipark findet außerdem am Samstag von 14.00-16.00 ein wilder Siebdruck-Workshop für Kinder und Jugendliche statt.
Heute Abend um 18.00 wird die Ausstellung „asking the trees II“ der junge Künstlerin Annelies Senfter, die für ihre zarten, sensiblen, oft naturbezogenen Arbeiten bekannt ist. Dazu gibt es eine Tanzperformance von Anna Maria Müller zu sehen.
Um 20.00 wird am Kunstgang der Theologischen Fakultät die ausgesprochen schöne Fotoausstellung „Reflexion“ von Tillman Schneider eröffnet, die mit Elementen von Spiegelung und Verdoppelung in Architekturfotos spielt.
Wenn in Innsbruck echter Rauch aufgeht, darf auch die Bäckerei nicht fehlen: Dave Prieth hat sich zeitweilig wieder dort eingerichtet und schaltet von seinem skurrilen Fuchsbau aus einen kulturterroristischen Anschlag – heute um 20.30.
Für einen ästhetischen Samstagabend böte sich dann noch der Film „Days in Between“ über den Balkan als Raum, Landschaft, Projektionsfläche, … der zypriotischen Filmemacherin Marianna Christofides an. Die Künstlerin ist anwesend und wird über ihre Kunst erzählen.
Die Premierentage laufen bis Samstag, 11. November, abends. Viele der Ausstellungen sind aber noch länger zu sehen. Ein detailliertes Programm ist hier (premierentage.at) zu finden. Eintritt allerorts frei.