Helmuth Schönauer – Ein Puzzle-Roman über die Medien und das Alter

24. März 2025
1 Minute Lesezeit
(c) Helmuth Schönauer

In seinem neuesten Buch mit dem irrlichternden Titel „Leck Tirol“ (Verb oder Substantiv?) versammelt Helmuth Schönauer diesmal Kurz- und Kürzestgeschichten über die Alltagsfährnisse seines Protagonisten „Afta Grins“ (das Alias wird mit dem Kufsteiner Dialekt erklärt, ist aber natürlich ebenso böse doppeldeutig wie der Sendungstitel) — eines pensionierten Radiomoderators, samt komisch verfremdeten News-Ausschnitten. Aus zuerst scheinbar unzusammenhängenden Texten entwickelt sich unvermerkt ein Zeitroman.

Der Protagonist erlebt im Ruhestand plötzlich die lange von ihm moderierte Morgensendung „Leck Tirol“ des Lokalradios aus der Hörer-Perspektive und leidet nun tagtäglich unter der Flut unzusammenhängender Wirklichkeitsfetzen, abstruser Nachrichtenblöcke und sinnloser Publikumsinterviews. Für eine „Seniorenwoche“ kehrt er schließlich neuerlich zum Radio zurück und fällt prompt in die alten Routinen der Hörer-Verarschung (so würde es Schönauer im Klartext wohl benennen) zurück. Er (und mit ihm der Leser) verliert sich am Ende völlig in der ungeordneten Ansammlung abstruser Nicht-Nachrichten, sogenannter News, wie sie uns tagtäglich in den Medien serviert werden und welche einem – in ihrer ganzen Absurdität – irgendwie bekannt vorkommen.

Garniert ist die amüsante, „also“ („afta“) auch vom Leser mit einem „Grinsen“ zu genießende Geschichte des Morgenmoderators wieder einmal mit sinnigen „Höhlenzeichnungen“ des Autors. Die Untertitel der Illustrationen beginnen allesamt mit „Heute …“ und persiflieren die Banalität der real oft genauso zusammen- und belanglosen Nachrichtenbilder zu den (ebenso zusammenhanglosen) täglichen Medienmeldungen.

Mit den beiden Mini-Texten „Romananfang vom Mitterweg“ und „Aufhören“ schließt sich der Kreis der Erzählung jedoch, in einer paradoxen Rückwärtsbewegung, mit der (un)möglichen Moral von der Geschicht´: „Das Alter ist eine Anhäufung von Absagen! Der kluge Dichter hört rechtzeitig mit dem Dichten auf!“

Doch gottlob ist Helmuth Schönauer nicht Afta Grins und hört nicht mit dem Dichten auf. Also freuen wir uns nach dieser Lektüre getrost schon wieder auf das nächste Buch aus der Schreib- und Zeichenfeder dieses unermüdlichen Tiroler Literaten!

Helmuth Schönauer, „Leck Tirol. Aus einem kaputten Lokalsender“, Kurzgeschichten. Verlag Hannes Hofinger, Innsbruck, 2025; ISBN 978-3-9505074-6-1

Geboren 1954 in Lustenau. Studium der Anglistik und Germanistik in Innsbruck Innsbruck. Lebt in Sistrans. Inzwischen pensionierte Erwachsenenbildnerin. Tätig in der Flüchtlingsbetreuung. Mitglied bei der Grazer Autorinnen und Autorenversammlung Tirol, der IG Autorinnen Autoren Tirol und beim Vorarlberger AutorInnenverband. Bisher 13 Buchveröffentlichungen.

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