„Alles wird gut“, auch ohne Oscar

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In der ORF-TVthek befindet sich dieser Tage noch der Oscar-nominierte Kurzfilm „Alles wird gut“. In freudiger Erwartung setzte ich mich zu später Stunde vor meinen Laptop, um das 30-minutige Kunstwerk zu sehen. Die unzähligen positiven Medienberichten und Auszeichnungen ließen mich keine Sekunde daran zweifeln, dass ich die nächste halbe Stunde nicht absolut genießen würde.
Aber es passierte nichts. Ich musste nicht lachen, ich musste nicht weinen, ich musste nicht nachdenken, ich fand keine revolutionär, neuen Kameraeinstellungen oder Tonspecials, das Schauspiel hat mich nicht vom Hocker gerissen, die Story war nicht weltbewegend – einfach nichts. Ich war so verwirrt, dass ich den Film nochmal ansah bevor ich ihn rezipierte. „Vielleicht war ich gestern einfach nicht in Stimmung das Meisterwerk wahrzunehmen“. Aber auch beim zweiten Mal passierte Null. Ich kam mir vor wie ein kleines Kind, das unterm Weihnachtsbaum ein iPhone erwartete (oder was sich Kinder 2016 halt wünschen) und dann waren da nur Socken. Schöne Socken, aber halt Socken.
An dieser Stelle sei eine SPOILER-Warnung für all jene ausgesprochen, die den Film ungespoilert sehen wollen.


Der Inhalt


Michael holt seine Tochter bei seiner Ex und deren neuen Partner ab. Es wirkt so, als passiert das regelmäßig. Dann fahren die zwei in den Spielzeugladen und die ca. achtjährige Tochter Lea darf sich zwei riesen Playmobil-Sets aussuchen. Das wirkt komisch. Wir haben Minute 3:30. Dann werden Fotos im Automaten gemacht, sie lassen einen Notfallreisepass anfertigen und ab jetzt weiß man worum es geht. Wir haben Minute 7:55. Im Anschluss geht’s in den Prater, dann gibt Michael sein privates Auto ab und danach fahren sie zum Flughafen. Sie scheinen zu spät zu sein, aber der Flug hat Verspätung und fliegt dann gar nicht. Sie schlafen im Flughafenhotel und wollen morgen Früh abfliegen. Lea fühlt sich zunehmend unsicherer. In der Nacht, während Vati schläft, ruft sie Mutti an und bittet sie, sie abzuholen. Minute 20:30. Dann kommt sie mit Partner und Polizei. Michael hält seine Tochter fest im Arm und sagt andauernd „Ich will dich nicht verlieren! – Du bist alles was ich hab’!“. Die Polizei tritt die Tür ein und löst all dies auf. Lea geht mit Mama und Partner heim. Minute 28:42. Ende.


Die Kritik


Ich bin absolut unberührt. Immer noch. Wären diese ca. 30 Minuten Teil eines 120-Miuten Spielfilms, könnte er vielleicht irgendetwas auslösen. Der Hauptgrund ist wohl, dass Michaels Sein und Handeln absolut unschlüssig und willkürlich wirken. Ich weiß nicht warum er das tut. Er sagt es nicht und er spielt es nicht. Sorry. Am Ende zu sagen „Ich will dich nicht verlieren! – Du bist alles was ich hab’!“, ist zu wenig. Weil ich mir den Film wirklich genau ansah, bemerkte ich auch eigenartige Detailfehler. So tippt die Dame, die den Notfallreisepass ausstellt einfach ganz hektisch, hysterisch und sinnlos auf der Tastatur „A-S-D-F-J-K-L-Ö“, und „L“ wird dabei sehr oft gedrückt. Warum der Flug Verspätung hat und dann storniert wird, wird einfach nicht gesagt vom Personal. Dabei läuft das am Airport eigentlich schon etwas professioneller ab, als bei der ÖBB, oder?
Lea sagt mir manchmal zu komische, untypische Dinge und ist dann auch wieder zu erwachsen. Sie kennt z.B. Mamas Nummer auswendig, anstatt sie einfach unter „Kontakte“ zu suchen. Welches achtjährige Kind kennt die Handynummer seiner Eltern auswendig – also jetzt mal ehrlich!? Das Highlight war wohl, als sie am Ende im nahezu identischen Wortlaut wie Simba in „Der König der Löwen“ zum toten Papa Mufasa sagt: „Lass uns nach Hause gehen Papa!“ Aber wahrscheinlich nur, weil ich mich da an einen guten Film erinnerte…


Das Fazit


Der Hype um „Alles wird gut“ bleibt mir ein Rätsel. Von mir gibt’s keinen Oscar, der österreich-deutschen Filmszene wünsch ich ihn aber trotzdem! Alles wird gut…
WERTUNG: 2/5


Der Trailer


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