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Tiefenrausch

Herbert K. und die U-Boote.

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Wenn man nicht dafür sorgt, dass die Untergebenen rechtzeitig irgendwo ihren Dampf ablassen können, dann kommt es eher früher als später zu Querelen oder gar zur Rebellion.

Immer nur parieren, das nagt am Selbstbild, zerstört die bedingungslose Hingabe. Wer den Deckel oben halten will, der muss beizeiten das richtige Ventil ein wenig öffnen: Ein guter Führer weiß welche Register er zu ziehen hat, damit der Druck seiner Pfeifen dem vollen Klange dient und nicht in der Dissonanz endet. Freibier und dröhnende Gesänge, Tempo 140 auf der Autobahn, Mia san Mia, bumsen statt sumsen, rechte Männer, weibliche Frauen und stramme Burschen. Wenn der eigene Anstand über die Leugnung der eigenen Mängel definiert wird, dann wird diese Beschränkung der Neugier zum ideologischen Schrebergarten der politischen Verführung und die Hysterie des Bierzelts zum Täterprofil der Mitläufer. Es gibt dann kein Falsch mehr, maximal Kollateralschäden. Im Kleinsten die Freiheit, im Großen der Volkswille des Kanzlers.

So einfach wäre das gewesen. Er hatte es ja von der Pieke auf gelernt. Gelernt bekommen. Die jugendliche Rebellion des Herbert K. benötigte keine mitternächtlichen Fackelmärsche wie anno Schnee, ihm obließen die Eltern die kleine Freiheit der Comics. Der Groschenheftln. „Dieser neuamerikanische Plunder kommt mir nicht ins Haus!“ so hatte dereinst der Vater ex cathedra gesprochen, Herbert K. das „Bessy“-Heftl aus der Hand gerissen und in den brennenden Küchenherd geworfen. Herbert K. fügte sich. Mit Tränen in den Augen und voll innerem Groll. Keine „Bessy“ mehr, kein „Silberpfeil“. Wo lag der Fehler? Sicher nicht in den Geschichten von Cowboys, Indianern und Hunden. Der Fehler lag im Timing. Herbert K. musste warten. Zuwarten. Bis sich seine Chance bot und er bei einem Schulkameraden nachmittags, wenn dessen Mutter bei der Arbeit war, er mit hochroten Ohren diese Geschichten von gut und böse, schwarz und weiß, rot und tot, gierig verschlingen konnte.

Wie geschickt das der Vater eingefädelt hatte! Das Haus blieb rein. Unberührt vom vordergründigen Schund dieser Comic-Heftln. Und dennoch gestattete diese stille Auflehnung des Sohnes, diesen unbemerkt mit dem stolzen Erbe des weißen Mannes zu konfrontieren. Genial.

Damit aus einer Rebellion keine Revolte wird, genügt es meist die alten Werte als frischen Wind zu präsentieren.

Als Herbert K. an einem Donnerstag nach dem Unterricht nach Hause kam, lagen zwei „Landser“-Hefte auf seinem Schreibtisch. „Grüne Teufel in den Abruzzen“, „Die vergessene Kompanie“. Ein Geschenk des Vaters. Etwas dicker als ein „Bessy“-Heft. Mit bräunlichem, grobem Papier. Ohne Bilder. Dafür mit entsprechendem Inhalt. Kameradschaft, Mut, Treue, Ehre, Tapferkeit, Selbstaufgabe, Ritterlichkeit – eine Schicksalsgemeinschaft bis zum vorläufigen Ende! Das Abendland liegt in Europa, und trotz aller Verführungen durch Sozialismus, Kommunismus, Rock’n’Roll und lange Haare erkannte Herbert K. mit zunehmender Klarheit, dass es einzig diesen ursächlich deutschen Tugenden zu verdanken war, dass sich im Zuge des Wirtschaftswunders es sich sogar der Jude Kreisky leisten konnte, jeden dahergelaufenen linken Spinner an die Uni zu schicken.

Und als dann noch Richard Burton in „Steiner – Das Eiserne Kreuz“ einen deutschen Helden spielte, war der cineastische Bildungsweg für Herbert K. vorgezeichnet. Herbert. Herbert Grönemeyer. Das Boot! Die Gefahren und Tücken des Unterwasserkampfes. Ein Epos. Sein Epos. Diese Bilder sollten Herbert K. niemals mehr loslassen. U-Boote! Die „Jagd auf Roter Oktober“. Mit Sean Connery als russischem Kapitän. Auch wenn er – sicherlich der Dramaturgie geschuldet – ein Überläufer war.

U-Boote! Keine Pferde mehr!  Auf keinen Fall. Ein U-Boot. Ein kleines U-Boot nur!

Herbert K. wäre so gerne Verteidigungsminister geworden. C’est la vie!

Der Toplitzsee muss halt noch ein wenig warten.

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