„Opa, wie konnte es so weit kommen? Wieso ist damals keiner aufgestanden und hat dagegen etwas getan?“
Gute Fragen.
Wie oft habe ich gehört und gelesen:
Den Menschen ging es damals schlecht. Tausende hatten keine Arbeit. Wussten nicht, wie sie ihre Familien ernähren sollten. Hatten keine Hoffnung. Waren überfordert. Kaum einer glaubte an eine gute Zukunft.
Natürlich waren die empfänglich für jemanden, der ihnen Besserung versprach. Ihnen Orientierung bot. Einen Plan. Einfache Lösungen. Ein Feindbild. Und der ihnen wieder Selbstbewusstsein gegeben hat.
„Wir sind jemand! Wir zählen! Von denen (da oben) lassen wir uns bestimmt nicht einreden, was wir denken sollen. Dass unsere Werte, unsere Traditionen, unsere Geschichte, unsere Leute keinen Wert haben. Wir sind jemand. Wir sind ein Volk. Ein starkes Volk! Jetzt geht es um uns. Das ist unser Recht.“
Es war doch nur logisch, dass die Leute da aufgesprungen sind und gejubelt haben. Wenn dir jemand die Hand reicht, wenn du am Ertrinken bist, dir einen Weg aus der Misere zeigt, bist du auch dankbar. Dass es dann so schnell geht, ok, das ist eine andere Geschichte.
Aber das liegt wohl in der Natur des Menschen.
Sind wir von etwas überzeugt, werden wir auf dem zweiten Auge auch noch blind. Dann wird aus Begeisterung schnell Fanatismus. Ohne, dass wir es groß merken. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Was gestern undenkbar war, ist heute fast zu wenig.
Grenzen verschieben sich. Ist der erste Schritt getan, folgt schnell der zweite.
Und viele kleine Schritte sind auch ein großer Sprung. Aber in dem Moment spüren wir ihn nicht. Erst hinterher merken wir, wo wir gelandet sind. Da ist es längst zu spät.
Heute ist das zum Glück anders.
Oder?
Jeder hat Arbeit. Ist dankbar für alles, was man hat.
Oder?
So etwas wir so schnell nicht mehr passieren.
Oder?
Ist doch keiner so verrückt.
Oder?
Aus der Geschichte werden wir wohl etwas gelernt haben?
Oder?
„Opa, so weit ist es 2025 nicht gekommen. Jemand ist aufgestanden und hat dagegen etwas getan.“
„Oder?“
Damals ist längst heute. Und das überfordert mich.