Nichts mehr RapDeutschlandKettensägerMassaker, nichts mehr mit Böse Enkelz: Hurra die Welt geht unter nennt sich das aktuelle Album der Berliner Rapper. Und das klingt durchaus anders – denn statt den oft kritisierten Nonsense-Penis-Hymnen (Das System) oder anderen Phantasien (Walpurgisnacht) findet man auf der neuen Platte Geschichten: düstere, in der Öffentlichkeit gerne unter den Tisch gekehrte Geschichten.
So wie jene von Ariane, die mit 15 zum ersten Mal nach Berlin kommt und dort auch schön das Berliner Nachtleben, mit all seiner dunklen Seite erlebt. Rausch, Vergewaltigung, am Wochenende, der Peiniger geht im Refrain dann wieder am Montag ins Büro und seiner Arbeit nach – „natürlich Chef, das mach ich gern, in meiner Mittagspause“.
Geld spielt auch eine zentrale Rolle, diesem wird ein eigener Track gewidmet: „Pennern was geben wollen, aber nur Hunderter haben; Ich schmeiß das Geld zum Fenster raus, du stehst da unten – fängst es auf, davon kaufst du diesen Hit, und das Geld kommt zu mir zurück“. Bewusst spricht die Band gesellschaftlich relevante Themen direkt an. Etwas, das den Rappern schwer gefallen sein soll, man habe sich bewusst für diesen Weg entschieden und auf „Fick deine Mutter“- und „Wir sind die besten Rapper Deutschlands“-Texte verzichtet. Nicht verzichten muss man aber auf die K.I.Z. – typische Ironie, den Sarkasmus und die intelligenten Wortspiele.
„Es sind tanzbare Beats, und hochgesellschaftskritische Themen. Man tanzt sozusagen mit Tränen in den Augen“, erzählt Tarek im Interview mit der Süddeutschen Zeitung. Boom Boom Boom die erste Singleauskopplung thematisiert die Flüchtlingslage in Europa. Schamlos räumen die Berliner mit der Gesellschaft auf, direkt wird dem Hörer wieder ein tanzbarer Beat geschenkt, dessen Text alles andere als gute Laune verbreitet. Tarke stellt die Frage „Denkt ihr, die Flüchtlinge sind in Partyboote gestiegen mit dem großen Traum, im Park zu dealen?“. Maxim rappt von Partypatrioten und erklärt den Begriff folgendermaßen: „Das sind die Leute, die sich nach außen hin zwar von Nazis distanzieren, im Grunde genommen aber eine ähnliche Denkweise haben; Leute, die betonen, dass sie es schön finden, aus Deutschland zu kommen und sich darüber definieren. Dieser akzeptierte Patriotismus impliziert aber eben immer auch eine Abgrenzung anderen gegenüber.“
Hurra die Welt geht unter hat keinen Tanz, keinen Einritt, viel eher mehr von Selbstjustiz, mehr von So alt. Menschen die wenig Rap hören und ihn auf das gängige Straßenrap-Schema der frühen 00er Jahre reduzieren, diffamieren unter anderem K.I.Z. Wer das was diese Musiker machen, mit den Kay One’s vergleicht, dem ist nicht mehr zu helfen. In K.I.Z. findet man die modernen Lyriker, die modernen Aufklärer, diejenigen die von den Feuilletons gefeiert werden. Obwohl sie einen Penis mit Notenschlüssel als offizielles Bandlogo haben. Ob sie nun Kannibalen in Zivil oder Klosterschüler im Zölibat heißen tut nichts zur Sache.
Den größten Spagat schlägt man aber in der Kollaboration mit Manny Marc: Was würde Manny Marc tun entführt in die Mallorca-Disco um auszubrechen aus Drogenmissbrauch und häuslicher Gewalt. Für die Single Hurra die Welt geht unter hat man sich Henning May von der Newcomerband AnnenmayKantereit ausgeliehen. Seine Stimme mit den Lyrics über diewunderschöne, von Hass und Porno befreite Postapokalypse harmonieren perfekt. Die heutige Welt ist grausam, zum Scheitern verdammt. K.I.Z. will mit diesem Album die Angst vorm Weltuntergang nehmen, denn wie heißt es so schön: „Seit wir Nestle von den Feldern jagten, schmeckten Äpfel so wie Äpfle und Tomaten wie Tomaten.“
Das Album ist ab heute im Handel, oder auf Apple Music und Spotify zu hören. Sowohl als CD als auch als Vinyl sieht das Cover so aus. Mit ihren Fans kommunizieren sie via Youtube aus dem Taka Tuka Land.
Titelbild: Universal / Christoph Voy