„Wo sind denn bloß die Gitarren?“ – ja diese Frage darf man sich durchaus stellen. Tame Impalas Neuling „Currents“ lässt Gitarrenliebhaber ganze sechs Minuten warten, ehe in der Eröffnungshymne „Let it happen“ zum ersten Mal ein Riff ertönt. Der ganze Track dauert siebeneinhalb Minuten und gibt dir Richtung für das Album vor. Elektronischer wird’s, aber nicht eintönig. Parkers unverwechslbare Stimme klingt über den Beats. Wenn sie denn überhaupt zum Einsatz kommt.
Als 2012 „Lonerism“ auf den Markt kam, überschlugen sich Fans und Feuilletons. Die Australierer waren für einen Grammy nominiert (in der Kategorie Best Alternative Music Album) , dieser ging aber an Vampire Weekend. Dennoch, die Zeitschrift Rolling Stone kürte das Album zum Album of the Year. „Elephant“ lief damals bei uns rauf und runter. Und „Lonerism“ war rockig(er). Wie gesagt, Freunde von Gitarren werden mit „Currents“ vermutlich erst einmal warm werden müssen.
Dabei ist alles so einfach: Die 13 Songs zu 52 Minuten sind zusammenhängend konzipiert, zumindest bekommt der Hörer dieses Gefühl. Ein Album wie ein einziger Song. Nicht langweilig, sondern facettenreich! Und diese Harmonie: Kevin Parker, der Kopf hinter Tame Impala, legt spätestens mit diesem Album seine Meisterprüfung im Schreiben, Arrangieren und Produzieren von Musik ab. Sagenhaft.
Über eines müssen wir noch sprechen: Synthies. Wenn Gitarren an den Rand gedrängt werden, muss man die auch ersetzen. Parker setzt vor allem auf Bass und synthetische Töne. Jene die bei diesen Worten an Sound a la David Guetta denken: nein, nicht so! Die Übergänge zwischen den Liedern sind wie gesagt so smooth, dass man nicht erkennt, wo ein Lied beginnt und wo eines aufhört. „Life is moving, can’t you see – there’s no future left for you and me“ singt Parker in „Yes, I’m changing“, einem Song, der an die Gorillaz erinnert. Die eigentliche Aussage bleibt aber: „They say people never change, but that’s bullshit – they do.“
Der stärkste Song ist jener unterhalb: „Cause I’m A Man“. Über Männer hat schon Herbert Grönemeyer ausführlich gesungen, Parker schließt sich dem Bochumer dezent an: Männer denken oft erst zu spät nach, fällen überhastet Entscheidungen, mit der Ausrede, eben Männer zu sein. Dem „Cause I’m a man“ wirft Parker ein „woman“ hinterher, vermutlich beschwichtigend.
„Eventually“, „Reality In Motion“ wollen einfach das du mitsingst. Das hat sich Parker für das ganze Album überlegt. Die Melodien sind so eindringlich, man will, man muss mitsingen. Deshalb hat er „Let it Happen“ auch als Opener für die Platte gewählt: Lass es geschehen, sing mit.
„Currents“ ist ab jetzt beim Händler deiner Wahl erhältlich oder auf Apple Music bzw. Spotify zu hören.
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