Wenn die BBC Anfang jeden Jahres ihre Sound of…-Liste veröffentlicht, weiß man, in welche Richtung der Wind des Musikjahrs weht. Jedes Jahr „ermitteln“ Kritiker , Moderatoren und Journalisten eine Liste mit den Musikern, denen sie im folgenden Jahr den großen Durchbruch zutrauen. Seit 2003 gibt es diese Liste, die quasi immer Richtig liegt. Mittlerweile kann man sagen: dessen Name aufscheint, der hat die halbe Miete schon geschafft. Unter den bisherigen Gewinnern finden sich 50 Cent, Yeah Yeah Yeahs, Dizzee Rascal, Sean Paul, Jessie J,Michael Kiwanuka, Haim, Sam Smith und Ellie Goulding. Letztere fand man 2010 an erster Stelle. Und auch bei ihr sollte das Sound of…-Orakel recht behalten, eroberten doch ihre bisherigen zwei Alben immer sie Spitze der britischen Charts. BRIT-Awards sollten folgen.
2015 ist das Jahr der Ellie Goulding. Die 28-jährige Britin ist seit ihrem Hit zur „50 Shades of Gray“-Verfilmung „Love me like you do“ in aller Munde: Platz eins in Österreich, Deutschland, der Schweiz und Großbritannien, Platz drei in den USA. Ellie Goulding ist heuer quasi die Leaderin im Lockerroom der Popmusik. Ihre einzigartige Stimmfarbe setzt den Ton:
Und weil sich Frau Gouldings Sound so schrecklich gut verkauft, orientieren sich andere Künstler an genau dem. Eurovision Songcontest Gewinnerin Lena Meyer-Landrut hat mit ihrem neuen Album „Crystal Sky“ praktisch ein Ellie Goulding Tribute Album aufgenommen. Sound identisch, Stimme sehr stark an die Britin angelehnt. Hat sich auch ausgezahlt, Platz zwei in den deutschen Albumcharts, Platz 14 in den Singles mit „Traffic Lights“.
Richtig brutal wird es aber, wenn Sängerinnen die eigentlich singen können, andere derart nachahmen, dass man sich überhaupt nicht mehr auskennt. Die Frage nach dem WARUM ist unausweichlich. So geschehen bei – und jetzt Achtung – Demi Lovato. Die vermeintlich einizige aus dem Disney-Club, die wirklich was drauf hat, gibt in ihrem sehr beatlastigem, leichtbekleidetem Chart-Comeback „Cool for the Summer“ die amerikanische Ellie Goulding.
Früher war alles besser. Früher war Originalität Mittel zum Erfolg. Natürlich gibt’s kaum eine Branche in der die Musiker so dermaßen zwanghaft versuchen Gesprächsthema Nummer eins zu sein, als in der Popmusik. Ob man sich als Gemüse verkleidet, gleichgeschlechtliche Liebkosungen austauscht oder dicke Autos vor nackten arschwackelnden Frauen präsentiert – auffallen um jeden Preis, Skandale initiieren bringt Publicity. Und jede Publicity ist gut. Sex sells. „Bettina, pack deine Brüste ein“ klagte vor Jahren die Hamburger HipHop-Gruppe Fettes Brot. Das könnte man auch gerne einmal Rihanna, Miley und Co eintrichtern.
Rihanna und die australische Sängerin Sia können sich auch die Hand geben. Würde eine von den Beiden während der Plattenaufnahme krank werden, die andere könnte sie locker ersetzen. Hat auch viel praktisches. Aber muss es immer so langweilig und austauschbar sein? Die folgenden beiden Beispiele sollten das verdeutlichten:
Madonna soll einmal die Popmusik revolutioniert haben. Über Miley sagt man, sie würde die neue Madonna werden. Aber die Zungenspiele, Nippelpostings, Haschfotos, nerven einfach. „Queen B“ Beyonce gilt als wichtige Feministin die mit ihrer Musik als Anker vieler junger Frauen dient. Zwischen Powerballade und Discosound spielt sich Beyonces Kosmos ab, natürlich auch mit einer gehörigen Portion Sex. Das gehört ausnahmslos dazu, um den Popolymp zu besteigen.
Die Angleichung und Anpassung der Künstler untereinander lassen Popmusik 2015 zu einem zähen, austauschbaren, lauten Singsang mutieren. Die Folge sind „nette“ Lieder. Taylor Swift. Popkultur – quo vadis? Wo ist die Rettung?
Was macht Lady Gaga eigentlich derzeit?
Pop 2015: Einstimmig zum Erfolg
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nachdem SIA schon einige Songs für rihanna geschrieben hat (eben unter anderem diamonds!), würde ich sagen der Vorwurf des nachahmens ist hier mehr als fehl am Platz. und wer Chandelier fad findet, dem ist sowieso nicht mehr zu helfen 🙂 #sorrynotsorry
Weder habe ich bestritten, dass SIA mehrere Lieder für Rihanna geschrieben hat, noch das Chandelier fad ist! Der Vorwurf des Nachahmens bezieht sich einzig und allein auf den Gesang.