(c) Markus Stegmayr

„R.E.T.“ im „Haus der Musik“: Präzise Erweiterung der Musik-Möglichkeitsräume

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Die in Innsbruck ansässige und unter der Leitung von Andreas Lackner stehende Brassband „R.E.T. – Red Eagles Tyrol“ spielte am gestrigen Freitag ein „Tryout-Konzert“ im „Haus der Musik“. Ebenjene in der Brass-Szene verankerte Konzertform kündigt, wie Brassband-Interessierte wissen, stets eine nahende Brassband-Meisterschaft an. Diese findet am morgigen Sonntag ab 16.00 Uhr in der selben Location statt, vier Band werden dabei um den Titel der besten österreichischen Brassband kämpfen.

Und ein Kampf ist es tatsächlich. Denn bei Brassbands geht es um vorrangig um Leistung und Disziplin. Kein Wunder also, dass der musikalische Vorsteher eines solchen Ensembles dann auch nicht Dirigent und Leiter genannt wird, sondern mehr oder weniger liebevoll „Trainer“. Dieser hat unter anderem dafür zu sorgen, dass das die Brassband zu stets neuen Höchstleistungen getrieben wird, Präzision, Klangdifferenzierung und Klang-Nuancierung verbessert werden und die Band bei all diesem Wahnsinn auch noch leichtfüßig daherkommt, damit das Vergnügen bei der Zuhörerin und dem Zuhörer nicht abhanden kommt.

Vielseitiges „Testkonzert“

Genau das gelang jedenfalls Andreas Lackner, der zu den absolut besten seiner Zunft im Land gehört, gestern. Beim „Testkonzert“ spannte er dabei den Bogen vom Pflichtstück, das am Sonntag auch die anderen, konkurrierenden Bands spielen werden, über das Wahlstück bis hin zu einem versöhnlichen, harmonischen Konzertausklang. Am Programm standen etwa „Journey into Freedom“ von Eric Ball, ein Marsch oder ein für Brassband arrangiertes Lied von Billy Joel.

Dieser wilde Ritt durch Stile und Klangmöglichkeiten zeigte sich aber nicht nur strukturell auf der Programmebene des knapp einstündigen Brass-Happenings, sondern auch immanent in den jeweils ausgewählten Werken. Im Verlauf der hochkomplexen Kompositionen konnte es innerhalb von wenigen Augenblicken ohrenbetäubend laut oder auch unglaublich feingliedrig und subtil klingen. Bei alldem konnten Lackner und seine R.E.T. die Spannung durchgehend halten, ohne dass dabei die unfassbare hohe Spiel-Präzision und Virtuosität zum Selbstzweck verkamen.

Keine reine Leistungsschau

Denn eines ist deutlich, wenn man sich erst einmal auf diese ganz eigene, faszinierende Brassband-Welt eingelassen hat: Es ist keine reine, sich selbst genügende Leistungsschau, sondern das unbedingt Bestreben den Anspruch an das eigene Tun und Musizieren so weit zu treiben, dass die Grenzen des musikalisch Machbaren erweitert und verschoben werden. Darin hat die R.E.T.-Brassband über die Jahre absolute Meisterschaft erlangt.

Wenn sie sich also morgen mit der „Brassband Fröschl Hall“, mit der Brassband Oberösterreich und der Brassband Vorarlberg battelt, dann hat sie allerbeste Chancen, den Titel der österreichweit besten Brassband, den sie 2021 errang, wieder einzuheimsen. ZuschauerInnen sind willkommen, der Eintritt ist frei. Frau und man tut gut daran sich auf dieses Erlebnis einzulassen.

Elfenbeinturmbewohner, Musiknerd, Formfetischist, Diskursliebhaber. Vermutet die Schönheit des Schreibens und Denkens im Niemandsland zwischen asketischer Formstrenge und schöngeistiger Freiheitsliebe. Hat das ALPENFEUILLETON in seiner dritten Phase mitgestaltet und die Letztverantwortung für das Kulturressort getragen.

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