Wie viel Meinung vertragen Blogs?

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Wenn Content King ist, dann sind wir seine Untertanen. Wer das verstanden hat, der wird mir zustimmen, dass man lieber genau nachdenken sollte, welche Inhalte man veröffentlicht und unter die Leute bringt. Blogger sind vielleicht keine Journalisten die einem Pressekodex und damit journalistisch-ethischer Grundregeln unterliegen – doch meiner Meinung nach sollten auch Blog-Inhalte gewissen moralischen Ansprüchen genügen. Dazu gehört es für mich auch – ehrliche, echte Meinung zuzulassen und klar ersichtlich von bezahlter Meinung zu unterscheiden.

Die Reichen kaufen sich ihre Rattenfänger

Wie im realen Leben regieren auch im virtuellen zwei Monarchen. Jener mit dem vielen Geld – der sich Relevanz, Reichweite und Aufmerksamkeit kaufen kann. Und jener mit den einfach verständlichen Botschaften – der die Relevanz, Reichweite und die Aufmerksamkeit geschenkt bekommt.
In den letzten Jahren erscheinen immer mehr private Blogs, Vlogs und YouToube-Channels an der Oberfläche. Menschen Anfang zwanzig teilen ihre Lebensweisheiten, geben Tipps für richtige Ernährung, für glanzvolles Makeup, für die richtige Kleiderwahl, den perfekt sitzenden BH, die chilligste Musik und erzählen wen sie feiern und wen sie haten. Wir hören ihnen zu. Tausende. Zehntausende. Hunderttausende. Millionen klicken die Inhalte an, liken und kommentieren. Einfache Botschaften, authentische Botschaften, teilweise schön, teilweise naiv präsentiert, bekommen Aufmerksamkeit. Sie regieren unsere Timelines und Bildschirme.
Das haben auch jene mit dem großen Geld erkannt. Sie spendieren den Meinungsbildnern unserer Zeit trendige Produktproben, die neuesten Kleider und laden zu den angesagtesten Events. Plötzlich erklären Teenies auf ihren Blogs, dass sie zwar nicht käuflich sind, aber, dass das Shampoo dieser einen Marke einfach so schöne Haare mache und das eine Lokal die “leckersten” Burritos der Stadt liefere. Influencer Marketing nennen das die Fachleute. Ein Begriff der mir den kalten Schauer über den Rücken laufen lässt, wenn ich daran denke wie schnell mancher Werbe-Nonsense sich viral verbreitet.

Ein reales Beispiel das erschreckt

Auch in Tirol gibt es wunderbare Blogs. Auch sie beeinflussen und schaffen Meinung. Im überschaubaren Innsbruck gelingt es ihnen Trends zu setzen, Publikum zu lenken und Lokale, Geschäfte und Personen auf die Hate- or Love-Liste der Leute zu bringen. Gerade deshalb sollten sie erkennen, welche Verantwortung mit dieser Macht einhergeht. Die Verantwortung wirkliche Meinung zu publizieren. Genauer hinzusehen. Dinge zu hinterfragen. Konzepte zu durchleuchten. Nachzuhaken. Nicht nur an der Oberfläche zu bleiben und alles und jeden gut zu finden. Sich den Diskurs zutrauen und ihn vielleicht sogar zu starten. Das wäre meiner Meinung nach die Aufgabe von Bloggern.
Markus Stegmayr ist so jemand der kritisch betrachtet. Der auch einmal schreibt, wenn ihm etwas nicht gefällt. Er sagt seine Meinung. Als Blogger auf diversen Blogs, als Kolumnist oder Journalist am Alpenfeuilleton. Er tut dies direkt und gerade heraus. Und er tut es unter seinem Namen. Dass er dabei oftmals scharfe Töne anschlägt, die verletzen können, mag stimmen. Doch die Töne die ihm zurückgeschleudert werden, sprengen sogar die Schärfe einer Bhut Jolokia und haben mit konstruktiver Meinung nichts mehr, aber mit persönlichen Untergriffen viel zu tun. Dass eine Aktion immer auch eine Reaktion hervorruft ist mir bewusst. Doch gerade am Beispiel des “Soulkitchen” Textes von Markus Stegmayr zeigt sich für mich eine erschreckende Entwicklung.
Menschen. Echte Menschen verteidigen ein Lokal. Ein Lokal eines erfolgreichen Unternehmens. Ein Lokal in dem sie für gutes Geld, gutes Essen – Essen für die Seele – bekommen. Echte Menschen verteidigen ein Lokal (!) so vehement, dass sie einen anderen echten Menschen angreifen, beleidigen, ihm jeglichen Verstand absprechen und für unzumutbar erklären. Alles nur deshalb, weil wir es nicht mehr gewohnt sind, dass jemand sich traut seine echte Meinung kund zu tun? Weil wir es verlernt haben einen richtigen, inhaltlichen Diskurs auf Augenhöhe zu führen? Oder weil „hate“ im Netz einfach der stärkste Motor ist?

Liebe Königsmacher, liebe Blogger, liebe Influencer!

Wenn Content King ist, sind wir seine Untertanen. Eure Inhalte werden gelesen und sind von Relevanz. Also bitte. Werdet euch eurer Verantwortung bewusst. Denn ihr seid diejenigen die entscheiden, ob unser König ein weiser, gütiger und humorvoller, oder doch nur ein Narzisst ist, der nur sich selbst und seinen Eigenen genügt! Oder was soll und darf ein Blog eurer Meinung nach?
 

Glaubt an das Gute im Menschen. Eigentlich Betriebswirt. Hat das ALPENFEUILLETON ursprünglich ins Leben gerufen und alle vier Neustarts selbst miterlebt. Auch in Phase vier aktiv mit dabei und fleißig am Schreiben.

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