Am Ende siegten beide – Julius Cäsar UND die Gallier. Keine Sorge. Der folgende Text ist auch für Nicht-Fans der Asterix Comics geeignet. Dennoch muss das hier kurz erwähnt werden. Als am Ende beide ihren ganz persönlichen Sieg errungen hatten, ritt Julius Cäsar zufrieden retour Richtung Rom. Die Gallier feierten in gewohnter Manier ein Freudenfest. Natürlich mit Unmengen an Wildschwein. Wie Cäsar feierte, bleibt unklar und wird im neuesten Comic „Der Papyrus des Cäsar“ nicht näher beschrieben. Es ist allerdings anzunehmen, dass er seine Vertrauten um sich scharte, sich mit allerhand schönen Frauen umgab und sich im Liegen Trauben und so manche Amphore Wein servieren ließ. Oder war es ganz anders? Spielt das überhaupt eine Rolle?
Im neuesten Asterix Band lässt der römische Machthaber seine Siegeszüge dokumentieren. Ein gewitzter Berater steht ihm zur Seite. Dieser treibt die Schreiber an und lässt Cäsars Worte, die Erzählungen von ruhmreichen Schlachten, geschlagenen Völkern und eroberten Gebieten, exakt dokumentieren. Cäsar schreibt Geschichte. Und das nicht nur auf dem Schlachtfeld, sondern im wahrsten Sinne des Wortes. Er hat seine eigene Legion an Schreibern, die seine Sicht auf die Welt festhalten. Gaius Julius Cäsar. Staatsmann, Feldherr, Diktator und Autor. Ein schillernde Figur der Geschichte. Nicht nur ob seiner großen Taten, sondern weil wir viel über ihn wissen. Über ihn und von ihm. Und all das, weil er die Geschichte zu Papier, zu Papyrus gebracht hat. Bis heute hat sich dieses Wissen erhalten.
Als der römische Machtmensch, im Comic, vom gallischen Krieg zitiert, erzählt er auch vom Dorf der Unbesiegbaren. Ehrlich wie es nur ein selbstsicherer und überzeugter Machtmensch sein kann, berichtet er auch von dieser Niederlage. Ein kleines Dorf wehrt Eroberungsversuch um Eroberungsversuch ab und hält der gesamten Macht des römischen Reiches stand. Sein gewiefter Berater lauscht Cäsars Erzählungen und geht sofort dazwischen. Er erinnert den römischen Feldherren an die Macht des geschriebenen Wortes und rät ab, von dieser Niederlage zu berichten. Was nicht geschrieben, ist nie passiert. Die Geschichte wird vergessen, das Dorf der Unbeugsamen nie existiert haben. Cäsar folgt dem Rat und lässt das Kapitel umgehend entfernen. Ein intelligenter Schachzug, der die Geschichte verändern sollte. Wären da nicht ein mutiger Mann und die Mund-zu-Mund-Erzähl-Tradition der Gallier.
Heute wissen wir dank Cäsars Aufzeichnen viel über seine Siegeszüge und Eroberungen. Wir kennen seine Sicht der Dinge. Wir sehen die Geschichte durch seine Augen. Ein Großteil unseres Wissens über die keltische Kultur fußt beispielsweise darauf. Druiden, Barden, Filid. Ohne Julius Cäsar würden diese Begriffe vielleicht nicht existieren. Wir würden unsere europäische Geschichte, unsere eigenen Wurzeln weniger gut kennen. Wir würden den Staatsmann Cäsar nicht kennen, hätten nicht emsige Chronisten alles dokumentiert. Wenn uns der neueste Asterix-Band „Das Papyrus des Cäsar“ also eines lehrt, dann, dass Worte, dass Informationen eine der mächtigsten Waffen der Menschheit sind. Was geschrieben und weitererzählt wird, überdauert Generationen. Dass Cäsar ein großer Staatsmann, Feldherr und auch Diktator war, der fast die gesamte damalige Welt eroberte, wissen wir. Ob er viel Wein getrunken hat, hingegen nicht. Und ich bin mir sicher das hat er. Denn wer oft siegt, wird auch oft feiern.
Gestern ist ein großer Staatsmann unserer Zeit gestorben. Und es sind die Geschichten, die gerade geschrieben werden, die Worte, die gerade gesprochen werden, die darüber entscheiden, welches Bild und Wissen die nachfolgenden Generationen von Helmut Schmidt im Kopf haben werden. Und ich kann nur für eines hoffen, dass dabei nicht die vielen gerauchten Zigaretten im Mittelpunkt stehen, sondern die Leistungen und Überzeugungen eines Mannes, der selbst im hohen Alter noch begehrter Berater wichtiger Menschen war und eine Lücke hinterlässt, die manchen Volksvertreter an eines erinnern sollte – „in der Krise beweist sich der Charakter“. (Helmut Schmidt)