Text: Denise Plattner
Zum einen scheinen es nicht alle als feministisch zu sehen, dass ich mich gerne schminke. Nein, ich liebe es mich zu schminken. Ich liebe meine 34 verschiedenen Lippenstifte und meine unzähligen Lidschatten.
Aber auch die Auswahl meiner Klamotten und meine erhöhte Einkaufsfrequenz lassen Personen an meiner feministischen Ader zweifeln. Den zum einen scheint es nicht für alle Menschen mit meiner emanzipierten Art vereinbar zu sein, dass ich gerne meinem Dekolleté Frischluft gewähre. Viele sind der Meinung, dass ich mich dadurch selbst als Sexobjekt herabstufe. Zum anderen scheinen aber auch Kleider mit kleinen Vögelchen und Blümchen nicht einer Feministin adäquate Kleidung zu sein, denn diese sind schlichtweg zu „mädchenhaft“ (was auch immer dieses Wort bedeuten mag).
Recht selten fragen mich Personen, wieso ich mich eigentlich so kleide, wie ich es tue. Dabei könnten sie nämlich lernen, dass ich mich auch mit einem freizügigen und engen Outfit noch lange zu keinem Sexobjekt mache, sondern mich einfach selbst schön finde. Sollte es dennoch zu dieser Frage kommen, wird mir oft an den Kopf geworfen „dass ich nur den gesellschaftlichen Standards entsprechen will und mich deswegen dementsprechend kleide und weil ich gerne von Jungs Drinks spendiert bekommen möchte“.
Spätestens hier fängt mein kleines feministisches Herz zu pochen und zu schlagen an. Denn bei diesen Vorwürfen kann ich nur entgegnen, dass ich mich selten von Jungs einladen lasse, ich aber gerne ihnen Mal einen ausgebe. Außerdem entspricht mein Körper mit 20kg Übergewicht keiner gesellschaftlichen Idealvorstellung. Ich schrecke aber dennoch nicht vor engen Kleidern zurück, nur weil es vielleicht anderen Menschen nicht gefallen könnte.
Ist nicht eben das Feminismus? Wenn eine Frau macht, was ihr selbst gefällt und nicht auf die Reaktion von Männern (und auch Frauen) bedacht ist?
Noch schlimmer finde ich es aber, dass meine Persönlichkeit immer wieder Angriffspunkt für feministische Infragestellungen ist. Mein ausgeprägter Hang zu Kitsch, Glitzer und Romantik lassen Menschen an meiner starken Persönlichkeit zweifeln. Dabei verfolgt mich tatsächlich Fremdzweifel und kein Selbstzweifel. Denn ich zweifele nicht mehr daran, dass ich in den vergangenen Jahren zu einer starken Frau herangewachsen bin. Es ist nicht nur meine selbstbewusste Art gegenüber meinen Körper, sondern mein Gesamtcharakter auf den ich stolz bin. Aufgrund meines kommunikativen und engagierten Wesens wurde ich in mehrere Interessensvertretungen gewählt.
Beim Ausgehen werde ich auf Grund meiner Poetry-Slam-Aufritte und kreativen Texte angesprochen. Ich darf viele Leistungen vorweisen, die ich nur erbringen konnte, weil ich eine starke Frau bin. Meine Freund_innen schätzen mich als intelligente und hilfsbereite Frau und amüsieren sich über meine (wie man so dumm sagt, für Mädchen untypischen) offene Art über Sexualität zu sprechen.
Ich selbst verstehe nicht, wieso meine starke Persönlichkeit nur auf Grund meiner Vorliebe für Modeschmuck und „Hello Kitty“ in Frage gestellt wird. Denn ich stelle in Frage, warum Feminismus und Emanzipation nicht mit feminin vereinbar zu sein scheint. Mein Wunsch ist, dass Gleichberechtigung bedeutet, dass Frauen und Männer gleichgestellt sind, ohne dass Frauen maskuline Charaktereigenschaften annehmen müssen oder sich nicht feminin kleiden dürfen. Ich verstehe nicht, wieso femininen Frauen oft vorgeworfen wird nicht feministisch zu sein, gleichwenig, wie ich verstehe, dass es für Männer mit femininen Zügen das Wort metreosexuell gibt.
Ich wünsche mir von Gleichberechtigung, dass Frauen und Männern die Art Mensch sein können, die sie sein möchten, ohne mit Vorwürfen von anderen Menschen konfrontiert zu werden. Nur weil feminines Blut durch die feministischen Adern einer Frau fließt heißt dies nicht, dass sie keine starke und emanzipierte Frau ist.
Ich wünsche mir, dass es den Weltfrauentag nicht gibt. Denn ich verstehe nicht warum wir diesen Tag feiern, denn mir ist zum Weinen zumute. Alle Jahre wieder zelebrieren wir einen Tag an dem Feste gefeiert werden, uns Menschen mit weiblichen Geschlechtsmerkmalen Rosen geschenkt werden und im schlimmsten Fall noch ein Rabatt-Fieber a lá „Women’s Day“ in Geschäften ausbricht. Ich möchte keinen Tag feiern, der nur aufzeigt, dass Menschen mit einem XX-Chromosomensatz immer noch nicht gleichberechtigt sind.
Wir sollten die schwarzen Flaggen hissen und trauern. Denn obwohl ich nicht will, dass der Weltfrauentag gefeiert wird, brauchen wir ihn. Solange noch die Wörter „Frauenliegestütze“ und „Karrierefrau“ existieren, existiert Gleichberechtigung noch nicht auf allen Ebenen. Solange Mädchen von ihren männlichen Familienmitgliedern mit Aussagen konfrontiert werden „Mit deiner Art bekommst du aber keinen Mann“ läuft etwas falsch.
Solange Frauen, die dafür leben, dass sie Mama werden möchten als konservativ oder gar nicht-feministisch bezeichnet werden, haben einige nicht verstanden, dass Feminismus nicht heißt Frauen einfach neue Rollenbilder aufzuzwängen, sondern ihnen lediglich neue Möglichkeiten aufzuzeigen. Solange Mädchen, die ihre feminine Ader lieben und zelebrieren, nicht als emanzipierte Frauen ernst genommen werden, müssen wir weiter daran arbeiten Gleichberechtigung verständlicher zu machen.
Dabei bleibt abschließend nur Lena Dunahm zu zitieren: „ A huge part of being a feminist is giving other women the freedom to make choices you might not necessarily make.”
In diesem Sinne hoffen wir, dass wir die schwarzen Flaggen nicht mehr zu viele Jahre hissen müssen und der Weltfrauentag irgendwann nicht mehr gebraucht wird.
Titelbild: Erika Wittlieb/Pixabay
Danke für deine Worte.
Frauen und Männer sind verschieden, das ist auch gut so. Frauen können so viele Dinge besser als Männer, aber es gibt viele Dinge, die Männer besser können als Frauen. Das hat die Natur so vorgesehen. Genießen wir doch, dass wir nicht alles können müssen. Ich liebe eine Frau, die am liebsten Hausfrau und Mutter wäre. Weil sie das schön findet. Kann sie deshalb nicht feministisch sein?
Wenn »Mutter« Natur eine Argumentation, die auf Naturalisierungen basiert, gewollt hätte, wären Männer wesentlich ungünstiger gesellschaftlich positioniert.