Ich lese gerade ein Buch. Einen Roman. In diesem Roman gibt der Autor sich selbst einen anderen Namen, erklärt sein persönliches „Happy End“ und wie glücklich er sei, endlich frei schreiben zu können. Frei und belanglos. Oder besser. Frei, weil belanglos. Er hat gerade seinen ersten Bestseller geschrieben, ist dadurch finanziell abgesichert und muss sich nicht mehr groß darum kümmern, was und wie er schreibt. Was für ein glücklicher Vogel.
Ganz im Gegenteil zu mir. Ich bin kein glücklicher Vogel. Mit meiner letzten Glosse „Wir sind die Ego-Generation“ bin ich alles andere als berühmt geworden. Zumindest nicht im guten Sinn. Wahrscheinlich lag das Problem aber auch diesmal nicht an der Botschaft an sich, sondern an der ironischen Formulierung, mit der sie transportiert wurde. In turbulenten Zeiten, in denen die Zeit zum Lesen sich an das Wischbewegungstempo der Finger angepasst hat, sind sarkastische Untertöne und überraschende Wendungen nicht mehr angebracht. Da kann man am Ende sogar alles auflösen und schelmisch rufen: Reingelegt, doch alles ganz anders. Dieser Ruf erstickt im Sturm der fliegenden Tomaten und faulen Eier.
Nachdem man sich das Gesicht abgewischt hat und wieder halbwegs bei Sinnen ist, greift man zum Handy und traut sich die blinkenden Facebook-Nachrichten zu öffnen. Und siehe da, man hätte es besser gelassen. Freundschaften werden gekündigt, Beleidigungen ausgesprochen und erzürnte Worte der Missgunst durch die Welt geschickt. Beim abendlichen Duschen steht man dann da, reibt sich die Achseln und fühlt sich wie ein einshampoonierter, begossener Zwergpinscher. Waren meine Worte wirklich verletzend? Soll ich mich etwa entschuldigen? Oder mich erklären?
Immerhin arbeite ich mit einem befreundeten Autor zusammen, der immer wieder provokante Artikel in die Welt pfeffert. Der hat doch Erfahrung damit. Ihn anschreiben? Ihn um Rat fragen? Nein, dafür ist es schon zu spät. Aber wie würde er reagieren? In solchen Momenten rede ich ihm normalerweise immer gut zu und erkläre, dass verschlüsselte Botschaften eben manchmal missinterpretiert werden. Da kann es schon einmal passieren, dass jemand sauer wird. Mist, fällt mir ein. Ich stecke tatsächlich in der gleichen Situation wie er. Komisch fühlt sich das an.
Und wie geht es jetzt weiter? Werden die Menschen sagen, das sind die Hater von Innsbruck? Das sind die Typen die immer alles schlecht schreiben. Die nicht mitfeiern, wenn die Party läuft und außen vor den Toren warten, während sie grimmig Gemeinheiten in ihre Notizblöcke notieren, die sie später in bösen Kommentaren verwursten können. Werden die Menschen zittern und Angst haben, wenn sie mich auf der Straße sehen? Haters gonna hate, heißt es. Werden wir gehasst werden? Oder einfach nur ignoriert, weil wir ja ohnehin nur ein bedeutungsloser Blog sind?
Halb panisch, halb irritiert werfe ich mich aufs Bett und denke an den Roman, den ich gerade lese. Dort fängt sich der Autor einen Faustschlag ein, weil er in seinem letzten Buch etwas Gemeines über einen Freund einer Freundin geschrieben hat. Mensch, denke ich mir. Wie macht er das? Er steht auf und akzeptiert, dass ihn der Freund einer Freundin ab sofort und für alle Zeit hassen wird. So ganz ohne Ironie, ohne überraschende Wendung. Das ist wohl der Unterschied zwischen Fiktion und wahrem Leben. Ein „Happy End“ gibt es nicht immer. Man wird eben auch mal falsch verstanden. Immerhin weiß ich jetzt wie damit umgehen: Faustschlag einstecken, aufstehen und akzeptieren.
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Haters gonna haten sich überall, egal von welchem bedeutungslosen Blog man kommt. Ich wünsch mir, solang es kein friedliches Nebeneinander, nett gemeinten Support oder sogar das ein oder andere gemeinsame Schaffen gibt, konstruktive Kritik. Aber wer wünscht sich das nicht!
LG Jasmin