Was wir Österreicher leider all zu oft vergessen

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Verlieren ist eine Kunst. „Sport lehrt euch am besten, was es heißt zu gewinnen, aber auch zu verlieren. Und ich sage euch, gewinnen kann jeder. Gewinnen ist einfach. Aber wir werden nicht immer gewinnen, keiner von uns. Wir werden häufig auch verlieren. Und das ist viel wichtiger im Leben. Erst wenn du verlierst, siehst du wer du bist. Kann ich das ertragen? Kann ich den Frust vertragen? Gewinnen ist leicht, aber verlieren, das ist eine Kunst.“ Diese Worte stammen von einem Titan. Von DEM Titan des deutschen Fußballs. Von Oliver Kahn. Er richtet die Worte an Kinder einer Schule. Sie sitzen vor ihm und hängen an seinen Lippen. Er wählt die Wort mit Bedacht, denn er weiß um die Wichtigkeit dieser Botschaft. Er weiß, dass diese wenigen Sätze die Leben der Kinder für immer verändern können. Sie werden nicht darüber entscheiden, ob die Kinder zu Gewinnern oder Verlieren werden, aber sie werden darüber entscheiden welche Menschen sie werden. Gute oder schlechte Verlierer? Gute gibt es nur wenige. Denn Verlieren ist eine Kunst für sich. Und wir Österreicher haben die im Moment so gar nicht drauf.

Doch wie soll der gemeine Mensch etwas beherrschen, das er nie gelernt hat? Es fehlen schlicht die Vorbilder. Es fehlen die rot-weiß-roten Oliver Kahns, Männer und Frauen von Rang und Namen, von Glanz und Gloria, von Bekanntheit und Sympathie, die sich in die Klassenzimmer dieser Republik setzen und den nachkommenden Generationen erklären, dass Gewinnen nicht alles und Verlieren eine Kunst ist. Es fehlen die großen Vorbilder, die nach einer Niederlage sich den Mund abwischen, die Ärmel hochkrempeln, den Kopf hochhalten und vollen Mutes weiterschreiten, weiterarbeiten. Es fehlen die großen Vorbilder, die sich nach einer Niederlage nicht hinter scheinheiligen Ausreden verstecken, die Schuld bei anderen suchen und die Massen aufeinanderhetzen. Es fehlen die großen Vorbilder, die nach einer Niederlage große, gütige, besonnene Worte an uns richten und auf weinerliche, mimosenhafte verzichten. Es fehlen die Männer und Frauen mit echtem Stolz und Mut in der Brust und vor allem Parteien, die ehrlich und aufrichtig an sich selbst, an ihrer eigenen Identität, an ihren eigenen Ideen, an ihren eigenen Vorstellungen, an ihrem eigenen Weg arbeiten, anstatt am Fall eines demokratischen Systems.

Wenn die Vorbilder auf der politischen Bühne schon vollständig versagen, so sollte man wenigstens hoffen können, sie am Rasenplatz zu finden. Ob das so ist, wird sich erst zeigen. Im Spiel der rot-weiß-roten Nationalelf gegen Portugal. Dass es die 11+ Edelkicker von Cheftrainer Marcel Koller aber alles andere als leicht haben werden, ist augenscheinlich. Und nicht etwa, weil Portugal mit Weltstar Cristiano Ronaldo einen Ausnahmefußballer in den eigenen Reihen hat, sondern weil Österreich schlicht und einfach auch im Sport, vollständig eine Kultur des Verlierens fehlt. Dass Verlieren eigentlich wie Gewinnen ist, nur eben anders, zeigt sich dieser Tage wieder eindrucksvoll, wenn man die Zeitung öffnet, den Fernseher anschaltet oder den Laptop aufklappt. Aus einem vermeintlichen Geheimfavoriten, wurde (social)medial betrachtet, innerhalb von 90+ Minuten, eine Wurstltruppe, der es nicht nur an Talent, sondern auch an Form und Einstellung fehlt. Gut, dass der Chef der Truppe ein weißes Kreuz auf seinem Pass trägt. Der Schweizer tut das einzig richtige. Er ignoriert die überzogenen Kommentare und gibt die Marschrichtung vor: „Es heißt Kopf hoch.“ Verlieren ist eben eine Kunst. Österreichs Spieler haben noch die Chance sie zu erlernen. Österreichs Rechtspartei hat diese Chance kläglich vergeben. Und wie sagte schon Oliver Kahn? „Erst wenn du verlierst, siehst du wer du bist.“


Hier geht es zur vorherigen Folge von "Kleingeist und Größenwahn".

Glaubt an das Gute im Menschen. Eigentlich Betriebswirt. Hat das ALPENFEUILLETON ursprünglich ins Leben gerufen und alle vier Neustarts selbst miterlebt. Auch in Phase vier aktiv mit dabei und fleißig am Schreiben.

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