Seit einigen Jahrzehnten gibt es ständig neue Bezeichnungen für Generationen. Da gab oder gibt es die Generation X, Generation Y, Generation Z (die danach werden wohl die Generation A werden), Generation Facebook, Generation Praktikum etc. Ich habe inzwischen jeglichen Überblick verloren. Doch gibt es meiner Meinung nach eine Generation, die sich stark von allen vorigen abhebt. Das ist die Generation Kopfhörer.
Bereits im Volksschulalter war ich stolzer Besitzer eines Walkman, dann eines Discman, dann eines MiniDisc-Players und inzwischen eines Smartphones, das digitale Schweizer Taschenmesser. Wie schon angedeutet, verweigert sich der Großteil der vorigen Generationen dem Verschließen der Ohren und steht der ganzen Sache überhaupt recht kritisch gegenüber. Schon öfters hatte ich, da ich mein Gerät vergaß, im morgendlichen Bus die wunderbare Gelegenheit den zwei ältesten Fahrgästen dabei zuzuhören, wie sie sich während der gesamten Dauer der Fahrt über die kollektiv ohrenverstopselten anderen Fahrgäste echauffierten. Und natürlich, man muss ihnen recht geben, es gibt manch Sonderliches zu erleben, wenn man offenen Ohres ist.
Dabei gilt es verschiedene Formen zu unterscheiden. Ganz bedeutsam, wenn auch fast nie vorkommend, ist das zufällige Mithören eines profitablen Gesprächs. Dabei kann man von einem versteckten Schatz, über einen gastronomischen Geheimtipp bis hin zur tollen Geschäftsidee wunderbare Inspirationen vernehmen. Die zweite Variante ist der aus dem Zusammenhang gerissene Satz. So habe ich in der Innsbrucker Altstadt, beim Passieren eines Wirtshaustisches den wunderbaren Satz einer jungen Dame aufgeschnappt: „Jetzt fällt’s mir plötzlich ein, ich habe ja heute noch gar nicht geduscht.“ Oder andernorts treffen sich zwei Frauen und eine spricht die magischen Worte: „Jetzt hat der Meinige schon wieder die ganze Wurst augessen.“
Die dritte und wahrscheinlich häufigste Kategorie ist das Zuhören bei einem verblüffend uninteressanten Gespräch. Ein Beispiel: Das Bergpanorama genießend, saß ich vor einiger Zeit auf einer Hütte. Hinter mir drei weibliche Twens und eine erzählte eine Anekdote. Sie war vor einiger Zeit mit Bekannten in der Innsbrucker Filiale der L’Osteria. Diese warnten sie, da die junge Dame das erste mal dort essen war, vor den besonders großen Pizzen. „Du schaffst nie eine alleine, die sind viel zu groß.“ Die junge Dame, sich selbst als begeisterte Esserin von besonders großen Portionen charakterisierend (im übrigen ihrer Figur folgend eine grobe Selbstüberschätzung), schob alle Einwände der Bekannten beiseite und erwiderte, sie kann durchaus eine riesige Pizza essen. Nun denn, sie bestellte also eine solche Pizza für sich alleine und tata, jetzt kommt die Pointe: Die Pizza war so riesig, dass sie nicht schaffte sie aufzuessen.
Eine wunderbare Geschichte. Anschließend lohnte es sich für mich, der Firma Sony ein Dankschreiben für die Erfindung des Walkman zu übermitteln.
Boris Sebastian Schön hat noch kein Buch geschrieben, welches hier beworben werden könnte. Aber er geht mit offenen Augen und Ohren durch die Welt und ist immerhin Mitgründer des ALPENFEUILLETON. Die “Lohnt sich das”-Kolumnen sind seine ersten AFEU-Veröffentlichungen.