Auch wenn es uns nicht gut geht, bitte sag mir die Wahrheit. Selbst wenn es dir unangenehm ist – du meinen Zorn, meine Wut, meinen Ärger fürchtest, sei aufrichtig und verkauf mich nicht für dumm.
Bitte stell dich hin und sag mir was Sache ist. Wenn du das tust, dann kann ich wieder vertrauen und dir wieder glauben. Dann muss ich nicht mehr ständig auf der Hut sein und versuchen jeden deiner Blicke richtig zu deuten – vor lauter Angst, mir könnte etwas entgehen. Ein kleines, unscheinbares Anzeichen, das mit verrät, ob du gerade ehrlich bist oder Scharade spielst.
Es ist furchtbar anstrengend. Dieses ständige Suchen nach dem verlegenen Blick, nach dem Beben deiner Naseflügel, nach dem kaum hörbaren Bruch in deinen Formulierungen. Ich will nicht mehr auf jedes Detail achten müssen, weil du mich über all die Jahre dazu gebracht hast. Ich will nicht mehr jeden Satz doppelt und dreifach hinterfragen und nach den trojanischen Pferden in deinen Worten suchen.
Mein Vertrauen ist dahin und mit ihm die Lust mich mit dir zu beschäftigen. Anfangs waren es nur kleine Risse. Über die Zeit hat sich ein riesiger Graben aufgetan, ein Schlund, der jegliche Glaubwürdigkeit in sich hinabgerissen und mich mit leerem Blick an seinem Rand hat stehen lassen. Bin ich der nächste?
Ich will das nicht mehr. Ich will dir endlich glauben können.
Die Wahrheit verdrehe ich mir selbst. Das ist mein Recht. Meine eigene Entscheidung. Die hat kein anderer für mich zu treffen. Schon gar nicht du. Nur ich selbst. Dann rede ich mir ein, dass dies, das und jenes gar nicht so bedeutend sei, wie es mir gerade vorkommt, dass bei Erreichen der Deadline nicht wirklich jemand stirbt und die ersten Anzeichen von Überarbeitung so schnell verschwinden, wie sie gekommen sind.
Es vergeht kein Tag, an dem ich die Realität nicht ein wenig fantastischer mache und sie mir so zurechtbiege, dass es sich angenehm darin leben lässt.
Bitte sei Du anders. Das erwarte ich von dir.
Notiz des Autors:
Ich werde oft gefragt, welche Art von Politik ich bevorzuge und wo ich mich politisch einordne. Die Antwort darauf hat sich im Lauf der letzten zwei Jahrzehnte immer wieder verändert. Und ich denke das ist gut so. Nur eines ist über all die Jahre geblieben. Werbephrasen gehören für mich in die Wirtschaft, nicht in die Politik. Ihr könnt mir alles sagen. Selbst wenn ihr in weltbekannten Skiorten und in kleinen Vorarlberger Tälern Fehler gemacht habt. Aber bitte steht dazu. Schwindelt mich nicht an. Fehler sind menschlich. Courage muss man üben. Immer und immer wieder.