Fünf Uhr morgens. Polizisten brechen die Tür eines Wohnhauses im oberösterreichischen Örtchen Haslach auf und stürmen in die Wohnung. Wenig später werden eine 40-jährige Inderin sowie ihre zwei Kinder festgenommen – und in Schubhaft gebracht. Der Grund? Ein negativer Asylbescheid.
Seit zweieinhalb Jahren befand sich die Familie bereits in Haslach, sie galt als bestens integriert. Die Mutter arbeitete im örtlichen Wirtshaus als Köchin, die 21-jährige Tochter absolvierte eine Ausbildung zur Altenpflegerin und der 15-jährige Sohn besuchte eine Mittelschule. Alle drei sprechen gutes Deutsch, in der Gemeinde wurden gar 1.000 Unterschrift gesammelt, um ein Bleiberecht zu erwirken. Gelingen konnte das Unterfangen allerdings nicht, der Asylantrag wurde abgelehnt und die drei innerhalb kürzester Zeit nach Indien abgeschoben – Wo sie als Christen verfolgt werden.
Infolge der Abschiebung hagelte es vollkommen zurecht massenweise Kritik, der Wirt Alfred Baier, bei dem die indische Mutter Emilia Lopez als Köchin gearbeitet hat, steht nun vor Problemen, wie er gegenüber dem Standard bestätigte: „Ich stehe jetzt da. Ein Jahr habe ich eine Köchin gesucht, weil unsere in Pension gegangen ist. Mit Frau Lopez hat es super gepasst. Sie beherrscht die Küche, hat ja auch in Indien als Köchin gearbeitet. Wir sind bald gezwungen, den Küchenbetrieb einzustellen oder das Wirtshaus ganz zu schließen.“
Auch Bürgermeister Dominik Reisinger (SPÖ) beklagte das Vorgehen, in den Oberösterreichischen Nachrichten wird er folgendermaßen zitiert: „Wir schieben Menschen ab, die wir dringend gebraucht hätten. Straffällige, die aus Ländern ohne Abschiebe-Abkommen stammen, können dagegen hierbleiben. Das versteht niemand mehr.“
Damit trifft er einen Punkt, denn sowohl Emilia Lopez als auch ihre Tochter arbeiteten in Mangelberufen und damit in jenen Arbeitsfeldern, die seit Jahren händeringend nach Arbeitskräften suchen. In Branchen, über die andauernd berichtet wird, dass der dort vorherrschende Fachkräftemangel in den kommenden Jahren zu einem immer größeren Problem wird – und man diesen dringend bewältigen möchte.
So offenbarten das Wirtschaftsministerium und die Wirtschaftskammer erst vor Kurzem, dass in ganz Österreich über 200.000 Arbeitskräfte fehlen und man bei der Problembewältigung auch auf Personal aus dem Ausland setzen wolle – Eine Irrationalität, wenn man bedenkt, dass dafür bereits im Land ansässige und arbeitende Menschen abgeschoben werden. Und wenn der nur wenig menschlich agierende Innenminister Gerhard Karner bei all den Diskussionen und Ungereimtheiten um die Abschiebung überhaupt keine Fehler sieht und das Vorgehen gar trocken verteidigt („Der Fall wurde letztinstanzlich vom Bundesverwaltungsgericht entschieden – das ist zu akzeptieren. Illegale Zuwanderung und Asylmissbrauch sind klar von legaler Zuwanderung zu Arbeitszwecken zu trennen“), dann darf man sich getrost fragen, wie sehr sich die ÖVP denn wirklich um eine Bewältigung des Arbeitskräftemangels kümmere. Mit der aktuellen Migrationspolitik schadet Österreich nämlich nicht nur den abgeschobenen Familien – sondern auch sich selbst.
Neben dem wirtschaftlichen Aspekt ist die Abschiebung der Familie, deren Schicksal kein Einzelfall ist, aber allen voran eine soziale Katastrophe. Eine Unmenschlichkeit, die in keinster Weise vertretbar ist. Die Österreich international von einer Seite zeigt, für die es sich zu schämen gilt. Und als wäre all dies nicht genug, liefert der Fall auch negative Signale an sämtliche andere Familien, die in Österreich Schutz suchen und einen Asylantrag einreichen. Denn wofür sollen sich diese überhaupt eine neue Existenz aufbauen, eine neue Sprache lernen, sich aufwendig integrieren, die Schule besuchen oder eine (legale) Arbeit ausüben – wenn all das nicht honoriert wird, und man trotzdem wieder zurück in jenes Land abgeschoben wird, aus dem man aufgrund von religiöser Verfolgung oder anhaltenden Kriegen geflüchtet ist.
Die Signalwirkung und die Entscheidung im Allgemeinen sind fatal, all die Umstände und Statements der Regierung ein menschliches Desaster, vollgestrickt mit Widersprüchen. Doch will man in all dem noch irgendetwas positiv sehen, dann wenigstens die (erneute) Offenbarung, welche Typ Menschen Innenminister Karner und sein Parteigefolge denn sind.