Der Fall Lena Schilling

Warum regen sich so viele auf?

2 Minuten Lesedauer
Start

Gestern veröffentlichte der Standard eine umfangreich recherchierte, teils etwas nebulös wirkende Geschichte über die EU-Spitzenkandidatin der österreichischen Grünen, Lena Schilling.

Darin zu lesen, ein mehr oder weniger konkret beschriebenes Sittenbild, das den Leser, gelinde gesagt, irritiert zurücklässt. Machtspielchen. Intrigen. Gerichtsurteile. Fragwürdiges Verhalten gegenüber Freunden, Mitstreitern und Journalisten. Und all das soll den Charakter dieser jungen, engagierten und positiven Politikerin beschreiben? Hmm.

Und da sind wir beim Problem. Lena Schilling ist Teil der Grünen, die gerne mal die Moralkeule schwingen, (immer wieder zurecht) auf charakterliche oder politische Verfehlungen hinweisen und sich selbst gerne als „Gutmenschen“ (als der Begriff noch positiv besetzt war) inszenieren. So auch bei Lena Schilling.

Hier das junge, engagierte, neue Gesicht. Moralisch absolut integer. Blick nach vorne. Dort die alten (männlichen) Machterhaltungsfiguren, die bewahren, verwalten, für Stillstand sorgen und generell keine Antworten für die Zukunft parat haben.

Die Fallhöhe für Lena Schilling ist deshalb so hoch, weil die Erwartung entsprechend nach oben geschraubt wurde. Endlich ein neues Gesicht. Endlich der Fokus auf Themen. Endlich neuer Wind. Zack bumm. Ein Artikel hat gereicht und dieses HERZlich inszenierte Bild zerstört.

Was bleibt?

Eine Pressekonferenz in der u.a. von dem „dreckigen Geschäft der Politik“, Schmutzkübeln, Fürzen, Angriffen auf eine junge Frau usw. gesprochen wurde und ein frisches Gesicht, das nun doch bekannter wirkt, als mancher es gehofft hatte.

Die Menschen sind entrüstet, weil sie enttäuscht wurden. So wie bei einem Alfred Gusenbauer, der als Sozialdemokrat bei der SIGNA über viele Jahre ordentlich Geld gecasht hat. Es ist immer eine Frage der eigenen Erwartung.

Persönlich ist mir übrigens egal, ob jung, alt, Frau, Mann, links, rechts, grün, rot, schwarz, blau. Ich wähle Menschen, die meine Erwartungen nicht enttäuschen. Zumindest nicht schon vor der Wahl.

PS: Einen lange Zeit recherchierten Artikel, dessen Autoren sich gefühlt für den Inhalt entschuldigen, als Teil einer Schmutzkübelkampagne zu framen, ist irgendwie auch uncool.

PPS: Der Begriff „politisches Ausnahmetalent“ löst bei mir seit mehreren Jahren ungute Gefühle aus. Insofern schockt der Artikel dann doch nicht.

Glaubt an das Gute im Menschen. Eigentlich Betriebswirt. Hat das ALPENFEUILLETON ursprünglich ins Leben gerufen und alle vier Neustarts selbst miterlebt. Auch in Phase vier aktiv mit dabei und fleißig am Schreiben.

Schreibe einen Kommentar

Your email address will not be published.