Im Vorfeld des neuen deutschen Classicos fliegen wieder einmal die Fetzen, wenn auch anders als sonst. Bekriegen sich sonst üblicherweise Hans-Joachim Watzke und Karl-Heinz Rumenigge, verhalten sich die beiden vor dem Pokal Halbfinale ungewohnt ruhig. Kein mediales Ausschlachten von nicht stattfindenden gemeinsamen Essen – keine Beschimpfungen. Ja die Zwei scheinen wirklich einen Weg an den Mikrofonen vorbei gefunden zu haben. Das macht es eindeutig erträglicher.
Natürlich bleibt dieses Duell nicht gänzlich unkommentiert. Bayern will Jürgen Klopp zum Abschied Blumen schenken, der antwortet mit: „Wir sind auf Krawall gebürstet und wollen uns nicht mit Blumen weichkochen lassen.“ Krawall statt Blumen. Eine neue und die wahrscheinlich treffendste Adaption von Tom und Jerry. Bleibt abzuwarten wer welche Rolle einnimmt und am Ende als Sieger in die Kamera lächelt.
Die Opas aus der Muppet Show: Bayern Version
Immerhin läuft die gut geölte Falschmeldemaschinerie des FC Bayern, die besonders vor wichtigen Spielen gegen die Schwarzgelben auf Hochtouren betrieben wird: immer wenn es brenzlig wird, spuckt sie etwas aus. Und wenn es nicht die Falschmeldemaschine ist, dann sind es die zwei Oberbayern – bitte nicht geographisch sehen – Paul Breitner und Franz Beckenbauer die sich zu Wort melden.
Breitners Vorstellung von Realität ist Satire vom Feinsten – wenn er’s denn nur so meinen würde. Erst neulich erklärte er die erste Halbzeit Bayern Münchens gegen Porto zur besten Halbzeit in der Geschichte der Champions League. Kann man machen. Ob die Auslosung des Champions-League Halbfinales der richtige Ort dafür ist, darf bezweifelt werden. Insbesondere dann, wenn alle anderen Vereine es schaffen dem Gegner Respekt zu zollen, ist es auffällig unangenehm, wenn nur der Bayern Vertreter sich an seiner eigenen Mannschaft aufgeilt. Aber das ist eine andere Geschichte.
Kaiser Franz muss natürlich auch etwas sagen – diesmal im Rahmen eines Sky-Interviews: Natürlich ist Klopp ein Thema für die Nachfolge von Guardiola als Trainer der Münchner. Ja, wenn man sonst nichts zu sagen hat. Aber das kommt nicht von ungefähr. Klopp soll den Bayern schon einmal abgesagt haben – ein Gefühl, dass die Bayern nicht kennen und offensichtlich bis heute schmerzt. Stunden vor dem Spiel wird plötzlich Ilkay Gündogan nach München geschrieben, ohne jeglichen Anhaltspunkt. Es scheint nur ein Ziel zu geben: so viel Unruhe wie möglich zu stiften. Die Bayern reden lieber über andere, als über sich selbst. Nicht nur die Verantwortlichen.
Wenn die Niederlage des Gegners mehr zählt als der eigene Sieg
Als Jürgen Klopp seinen Abschied aus Dortmund ankündigte, kamen sofort die ersten Bayernfans mit „dann ist er eh bald bei uns Trainer.“ Das ist schon spannend, war Klopp bei den meisten Fans doch immer ein absolutes No-Go, ja fast schon Hassobjekt. Aber wendig ist der Bayernfan. Und alles andere als sympathisch. Keine Anhängerschaft dieser Welt beschäftigt sich dermaßen wenig mit der eigenen Mannschaft, sondern viel mehr mit dem Auskosten der gegnerischen Niederlage. Traurig, wenn die Freude über das Leid der anderen mehr Vergnügen bereitet, als die Erfolge der eigenen Jungs. Lediglich beim Lamentieren über das Verletzungspech im bayrischen Kader, beim Kommentieren über mögliche Neuzugänge und wenn es um das Banalisieren von Verbrechen geht, steht der eigene Verein im Mittelpunkt.
Der FC Bayern München hat in den letzten Jahrzehnten wirtschaftlich und sportlich eine Erfolgsgeschichte geschrieben. Das gilt es zu honorieren. Nur sollten das nicht nur Experten und anerkennende Gegner tun, sondern auch der eigene Anhang. Wie schade ist es, wenn der eigene Erfolg zu einer solchen Selbstverständlichkeit wird, dass eine „Meisterfeier“ nach 60 Minuten beendet ist und es erst eine schmerzhafte Niederlage des Gegners benötigt, um eine Gefühlsregung auf den bayrischen Tribünen zu erzielen. „Möglicherweise feiern andere nur wenn sie gewonnen haben. Möglicherweise feiern andere nicht einmal, wenn sie gewonnen haben“, Jürgen Klopp (2014 nach dem verlorenen Pokal-Finale gegen den FC Bayern) – offensichtlich mit hellseherischen Fähigkeiten.
Ja. Bayern Fans haben es nicht leicht! Deshalb. Liebe Fans des FC Bayern München. Die ganze „nicht rot-weiße Fußballwelt“ wünscht euch, dass ihr bald wieder von eurem Höhenflug zurückkehren könnt und nicht nur die Niederlage des Gegners für euch zählt. Denn dann könnt ihr euch mal wieder richtig über einen Sieg der Eigenen freuen. „Mia sein mia“ – statt – „Mia sein mia, weil ihr verliats“.
Foto: Alle Rechte vorbehalten von vegas.bola Mitarbeit am Text: Felix Kozubek