„XY wechselt für 30 Millionen Von A in die Premier League. Ein anderer XY wechselt für 49 Millionen zu Liverpool.“ Tägliche Headlines der Sportmedien in der Transferzeit. Geld, Geld, Geld. Allein die Vereine der Premier League haben in der heurigen Transferperisode über eine Milliarde Euro für Transfers ausgegeben. Für Spieler wie Kevin de Bruyne. Der Transfer des belgischen Talents von Wolfsburg zu Bayern München, Paris Saint-Germain oder eben doch Manchester City zog sich wie ein Kaugummi und der verliert bekanntlich irgendwann den Geschmack. Für den 24-jährigen bezahlte Manchester City mindestens 75 Millionen Euro. Eine unvorstellbare Summe.
Allerdings sind diese hohen Gelder keine Ausnahme mehr, sondern zum Alltag geworden. Gerade in England und Spanien werden die Märkte mit Geldern geflutet. In Deutschland grassiert daher die Angst vorm Ausverkauf der Liga. Tatsächlich ist diese Transferperiode aber nur Vorbote für das Fenster im nächsten Sommer: dort wird dank des neuen TV-Vertrags der Premier League (6,9 Milliarden Euro für die Klubs) noch mehr Geld im Umlauf sein.
Ist die Angst berechtigt?
Jörg Jakob, Chefredakteur des Kicker, meinte in der Sendung Bundesliga SKY 90 es gäbe „gutes und schlechtes Geld: Das gute ist jenes das man selber hat, das schlechte das von außen kommt.“ Trotzdem sieht er durch die hohen Transfersummen auch Chancen für die Clubs der Bundesliga: „Mainz mit Okazaki und Augsburg mit Baba haben es vorgemacht. Sie haben junge Spieler entwickelt und teuer verkauft. Wenn man dieses Geld in Infrastruktur und junge Talente investiert, dann muss das nicht per se etwas schlechtes sein.“
Was Jakob beschreibt ist die Wunschvorstellung von vielen „kleinen“ Teams: junge Talente ausbilden, groß aufspielen lassen, teuer verkaufen. Klingt sehr leicht und ist auch nachvollziehbar. Allerdings muss man diese Talente erst finden und dann für seinen Verein begeistern können. Scouting ist bei den großen Vereinen seit einiger Zeit das Non-Plus-Ultra, die Klubs mit kleineren Etats müssen nachrüsten. Mit dem Geld aus den teuren Transfers wäre das möglich.
Das Transferfenster ist zu lang
Jedes Jahr freuen sich Fußballfans auf die Tranfserzeit. Nicht nur, weil in der spielfreien Zeit Fußball trotzdem das dominierende Thema ist, sondern weil man Prognosen und Trends beim ein oder anderen kalten Getränk analysiert. Von 1. Juli bis 31. August sind die Märkte offen und es wird gefeilscht und getauscht wie auf einem orientalischen Bazar. Zwei Monate sind eine sehr lange und genau genommen zu lange Zeit.
Wir nehmen wieder das Beispiel de Bruyne: Seit Anfang August wurden de Bruyne Wechselabsichten nachgesagt, die interessierten Vereine wechselten täglich. Von vorne bis hinten entwickelte sich eine Seifenoper. De Bruyne wird von einem Journalist auf der Bühne einer Preisverleihung dazu angehalten ein Treuegelöbnis auf den VWL Wolfsburg zu halten, nur um sich dann Ärger mit seinem Berater einzufangen. Dieser (Berater) dementiert nämlich mit den Worten: „Es sei noch keine Entscheidung gefallen“. Tage später, am 22. August ist sich de Bryune angeblich mit Manchester City einig. Ganz nebenbei hat zu diesem Zeitpunkt die Bundesliga-Saison wieder begonnen, de Bruyne spielt schwach, Kritiker werfen ihm vor, sich nicht mehr hundertprozentig einzusetzen. Am 26. August schreiben dann die Medien den Wechsel zu Man City perfekt. Angebliche Ablösesumme 80 Millionen Euro. Am Tag darauf meldet Wolfsburgs Sportdirektor Klaus Allofs, es gäbe noch keine Einigung. Tage vergehen. Am gestrigen Sonntag, einen Tag vor Transferschluss, wird dann der Wechsel endgültig besiegelt. Wolfsburg verliert seinen wichtigsten Spieler (der so nebenbei auch noch zum besten Spieler der letzten Bundesligasaison gewählt wurde) und muss Ersatz finden. Julian Draxler von Schalke 04 soll kommen.
Wolfsburg mit den ohnehin schon vorhandenen VW-Millionen und denen vom de Bruyne-Transfer kann also noch adäquaten Ersatz finden. Schalke, die mit Draxler sowohl eine wichtige Säule in der Mannschaft als auch einen Teil ihres Marketings verlieren, muss in dieser Zeit auch noch schnell Ersatz für Draxler finden. Die Spirale geht dann immer so weiter. Das lange Transferfenster begünstigt also vor allem Vereine mit viel Geld und gehört deshalb, der Fairnesswegen, gekürzt. Um mindestens zwei Wochen.
Wer braucht noch Verträge
In Wolfsburg nimmt man den Fußball ernst. Trainer Hecking und Sportdirektor Allofs investieren die von VW zur Verfügung gestellten Millionen in eine junge, hungrige Mannschaft. Letztes Jahr wurde man Vizemeister und Pokalsieger. Am Geld scheitert von Haus aus nichts. Gerade im de Bruyne Fall hätte man deshalb auch auf stur stellen können und ihn zum aussitzen des Vertrags zwingen können bzw. wenn sie einen besseren Tag haben, ihm auch einen neuen, höher dotierten Vertrag anbieten können. Tat man aber nicht, was nützt einem Verein ein Spieler, der nicht mehr bei dem Verein spielen will.
Marcel Sabitzer wechselte letzten Sommer von Rapid Wien zu RB Leipzig um prompt nach Salzburg verliehen zu werden. Eine starke Saison bei den Mozartstädtern beendete er mit den Worten, er wolle nicht nach Leipzig wechseln. Zu blöd dass er aber dort den Vertrag unterschrieben hat. Das Geld kann auch ein Luder sein.
David de Gea, Stammtorhüter von Manchester United wird seit geraumer Zeit mit Real Madrid in Verbindung gebracht. Trainer und Manager Louis van Gaal hält nichts von einem einfachen Transfer, sondern scheint mit Real um mögliche Szenarien zu pokern: Wer kommt im Gegenzug usw. Findet man keine Einigung will de Gea nicht mehr für United spielen, sein Vertrag läuft noch ein Jahr. De Gea würde dann de facto fürs nichts tun auf der Tribüne sitzen, weil zwingen kann man ja keinen Spieler. Einige Medien berichteten gar von einem Angebt von Real an de Gea, man würde ihm 15 Millionen Euro zahlen, wenn er das letzte Jahr bei United absitzen und dann zu Real wechseln würde. Da sein Vertrag nächstes Jahr abläuft, wäre er ablösefrei zu haben und somit würde man ein billigeres Geschäft machen, als ihn für mindestens die doppelte Summe heuer zu holen.
Es gäbe noch viele weitere Beispiele. Die Frage bleibt aber die gleiche: Wer braucht noch Verträge? Treueschwur, ein rein romatischer Gedanke.
Wie geht es jetzt weiter?
Geld, Geld, Geld. Vieles geht nach England, zu jedem kleinen und mittleren Verein, denn auch die haben schon ein höheres Budget als viele deutsche Bundesligisten. Ein Punkt der hier noch gar nicht angesprochen wurde ist das Financial Fair Play (FFP), aus dem Grund, das es mehr oder weniger wieder abgeschafft bzw. einfach nicht sanktioniert wurde. Das Transferfenster ist noch ein paar Stunden geöffnet. Millionen wechseln ihre Besitzer. Die Spieler werden mit noch mehr Geld zugemüllt. 300.000 € Wochengehalt sind die Normalität. Der Fußball steht am Rande einer einzigen Krise. Zeit um kurz moralisch zu werden: Fußball spiegelt wie kaum eine andere Sportart die Gesellschaft wieder. Fußball ist mehr als nur ein Sport, es ist das Kennenlernen von Mechanismen die im Leben essentiell sind: Verlässlichkeit, Einsatz, Zusammengehörigkeitsgefühl. Doch steht der Fußball vor demselben Problem, wie die Gesellschaft: Die Schere zwischen Arm und Reich wird immer größer. Schafft es eine Mannschaft übere mehrere Jahre oder gar Jahrzehnte in der Champions League zu spielen, ergibt sich für diese ein massiver finanzieller Vorteil, der von anderen Klubs in keinster Weise aus eigener Kraft aufholbar ist. Ganze Ligen werden somit zerstört, langweilig und unattraktiv. Die Gier hat die Freude abgelöst.
Ein anderes Thema sind die Stadionentrittspreise, die jährlich sukzessive erhöht werden. Natürlich müssen die Vereine von etwas leben, wie aber will man jemandem ernsthaft erklären, dass Karten ab 60€ für ein Spiel ganz normal sind? Die Spieler am Platz verdienen im Schnitt 150.000 €! In der Woche! Wie soll man das dem kleinen Mann, dem Begründer und größten Förderer der Sportart erklären? Aber Fußball im Jahr 2015 ist anders als früher. FIFA-Chef Blatter muss abtreten, vertritt aber in Interviews immer noch die Meinung, es gäbe keine Korruption. Qatar und Co. sind aber andere Themen. Was bleibt ist die Gier und das Zuschütten der Märkte. Spieler die immer bei ein und demselben Verein spielen, sind Geschichte. Stattdessen werden immer mehr geldgierige, junge Spieler von deren nach geldgeileren Beratern geschaffen, die nur spielen um sich ihre Taschen mit Geld vollzustopfen, das der Normalo im Stadion abgibt, um sich dann noch zu ärgern, dass der Spieler das Weite sucht, wenns einmal nicht mehr so gut läuft – oder eben wo anders mehr Geld zu holen ist.
Darüber könnte man noch viel schreiben. Werden wir hier auch. Heute schließt auf jeden Fall das Transferfenster. Wir können gespannt sein, wie viel und was noch passiert. Deadline-Day at it’s best. Money, Money, Money.
Titlebild: Screenshot / Youtube