Nach der Saison ist vor der Saison. Das gilt auch für die NFL, die zwar erst Anfang September wieder ihren regulären Spielbetrieb aufnimmt, jedoch schon jetzt die Teams vor wichtige Entscheidungen stellt: welcher Spieler wird verlängert? Wo liegen die Schwächen im Team? Wer kann weiterhelfen? Die Offseason ist die Zeit, in der College-Spieler zu den Teams stoßen. Ende April wird in Chicago der NFL Draft stattfinden, dort wählen die Mannschaften die ihrer Meinung nach besten Spieler für ihr Team aus. Zuvor findet in Indianapolis der NFL Combine statt, ein einwöchiges Event, bei dem sich über 300 College-Spieler noch einmal auspowern und in einzelnen Disziplinen zeigen was sie können.
The hardest job interview in the world.
The @NFL Combine. Coming soon…https://t.co/8fedMirBX7
— NFL UK (@NFLUK) February 18, 2016
Im Combine wird geprüft was das Zeug hält: 40-Yard-Sprints, Weit- und Hochsprung aus dem Stand, Bankdrücken mit 225 Pfund stehen an der Tagesordnung. Dabei unterscheiden sich die Wertigkeiten der Übungen je nach Position. Ein Offensive-Liner wird nicht zu den schnellsten Sprintern gehören, während ein Quarterback auch nicht am meisten Wiederholungen im Bankdrücken bewerkstelligen wird. Darüber hinaus sind positionsspezifische Übungen vorgesehen, die den Coaches der NFL Teams das volle Potential der Spieler vorführen sollen. Leider lässt die NFL immer noch kein Einbetten von Youtube Videos zu, einen kleinen Vorgeschmack gibt es in diesem Video.
Die wichtigsten Übungen
40-Yard-dash:
Ist relativ leicht zu erklären: die Spieler müssen schnellst möglich 40 Yards hinter sich bringen. Hierbei gilt es mit maximaler Geschwindigkeit zu laufen, um eine hervorragende Zeit erzielen zu können. Bei dieser Übung stehen vor allem Receiver und Cornerbacks im Mittelpunkt, da diese die schnellsten Spieler am Feld sind. Zudem werfen die Coaches gern ein Auge auf O-Liner, allerdings nicht über die volle 40-Yard Distanz, sondern auf deren Zeit über die ersten zehn Yards. Die schnellste Zeit die jemals in einem Combine erzielt wurde, teilen sich Runningback Chris Johnson (CJ2K) und Wide Receiver Rondel Mendez mit einer Zeit von 4.24 Sekunden.
Weit- und Hochsprung:
Aus dem Stand soll so weit bzw. so hoch möglich gesprungen werden. Diese Übung ist ebenfalls für Receiver und Defensive Backs wichtig. Den weitesten Sprung in der Geschichte legte Byron Jones letztes Jahr hin: mit einer Weite von umgerechnet 374 Zentimetern stellte der Erstrundenpick der Dallas Cowboys einen neuen Rekord auf. Am höchsten sprang bisher Chris Conley, der auf sage und schreibe 114 Zentimeter kam.
[fbvideo link=“https://www.facebook.com/NFL/videos/10153673808406263/“ width=“500″ height=“400″ onlyvideo=“1″]
3 Corne Drill
Vier Hütchen, die es in einer gewissen Abfolge abzulaufen gilt. Die Übung soll die Spritzigkeit der Spieler hervorheben und ist vor allem für Pass Rusher (also Defensive Ends / Linebacker) entscheidend. Die schnellsten brauchen für diese Übung nicht länger als sechs Sekunden!
Bench Press
Eine Übung die selbst erklärend ist. 225 Pfund sollen so oft wie möglich gestemmt werden. Viel können die Trainer eigentlich nicht davon haben, mehr ist es ein Zurschaustellen der Disziplin und der Einstellung.
Hier noch Patrick Petersons Combine aus dem Jahr 2011. Er wurde an fünfter Stelle von den Arizona Cardinals gedraftet und gilt als einer der besten Cornerbacks der Liga:
[fbvideo link=“https://www.facebook.com/NFL/videos/10153676912671263/?permPage=1″ width=“500″ height=“400″ onlyvideo=“1″]
Worauf soll man bei Quarterbacks achten?
So dumm es klingt: Füße und Hände! Viele Quarterbacks spielen am College in der Shotgun-Formation, das heißt, der Quarterbacks steht circa fünf Yards hinter dem Center, um den Ball in Empfang zu nehmen. Im Combine wollen die Trainer sehen, wie variabel die jungen Spieler sind. Es werden verschiedene Situationen/Formationen simuliert, in denen der QB seine Füße benutzen muss: wie schnell kann er nach hinten kommen? Stimmt die Balance? Wie genau kann der Spieler den Ball im laufen werfen? Schnelle Füße zählen in der NFL als Quarterback sehr viel.
Wie genau man es im Combine nimmt, zeigt die Tatsache, dass die Hände der Quarterbacks gemessen werden. Je größer die Hand, desto besser. Es gilt die allgemeine Annahme, dass man so den Ball besser im Griff hat, vor allem wenn das Wetter schlecht ist. Das lässt die Teilnehmer oft zu unkonventionellen Mitteln greifen: Brandon Allen von der University of Arkansas lässt sich von einer Therapeutin die Hände massieren, um noch ein paar Zentimeter herauszuschinden.
Natürlich spielt auch die Genauigkeit der Würfe eine Rolle, wenngleich diese auch nicht alles zählt, da die Quarterbacks im Combine nicht auf ihre gewohnten Receiver werfen und so nicht jeder Ball gefangen wird (das gilt umgekehrt für die Receiver auch – nicht jeder Ball wird perfekt geworfen).
Wem sollte man besondere Aufmerksamkeit schenken?
Keine leichte, aber eine verständliche Frage. Die sogenannten „Mockdrafts“ sind schon in vollem Gange. Experten geben ihre Drafteinschätzungen ab. Beim Combine können und werden diese meistens noch einmal komplett über den Haufen geworfen. Ein schlechter Tag, kann einen Spieler der vor dem Combine in der ersten Runde gehandelt wurde, ganz schnell in spätere Runden befördern. Teddy Bridgewater ereilte vor zwei Jahren ein solches Schicksal, als er als designierter Nummer Eins Pick zum Draft kam, dort einen richtig schlechten Tag hatte und gerade noch in der ersten Runde von den Vikings gedraftet wurde.
Heuer liegen viele Augen auf Laremy Tunsil. Der Offensive-Tackle von Ole Miss gilt als erster Spieler der heuer im Draft ausgewählt wird. Er soll Titans QB Marcus Mariota mehr Zeit verschaffen. Er gilt als bester Spieler im gesamten Draft, auch wenn sich hier logischerweise schon die Geister scheiden.
Für andere (eventuell auch den Schreiber dieses Textes) ist Joey Bosa der beste Spieler im Draft. Der Defensive End von Ohio State erinnert viele an J.J. Watt, gilt als Top-5 Draftpick. Bosa hat seiner College-Karriere ein unrühmliches Ende bereitet, indem er in seinem letzten Spiel nach nur zehn Miunten vom Feld musste: Targeting, eine Strafe die in der NFL noch nicht konsequent gegeben wird.
Ein ganz heißes Eisen dürfte auch Jalen Ramsey werden. Der Defensive Back von Florida State erinnert viele schon an „Honey Badger“ Tyran Mathieu, da Ramsey sowohl Cornerback als auch Safety spielen kann. Man darf auf seine Performance sehr gespannt sein!
Ezekiel Elliot dürfte der beste Runningback dieser Draftklasse sein. Bei Ohio State konnte der Junior überzeugen, brach in seinem letzten College-Footballspiel alle Rekorde (149 Yards und vier Touchdowns im Fiesta Bowl). Trotz Heisman Trophy Gewinner Derrick Henry, dürfte Elliot die Nummer eins im Backfield sein.
Die Quarterbacks sind natürlich auch im Fokus: Carson Wentz oder Jared Goff sind nur zwei Spieler, die am Wochenende besondere Aufmerksamkeit genießen dürfen. Von der Anlage unterschiedliche Spielertypen, geht es vor allem für die Teams ohne QB (Browns, mittlerweile auch wieder Kaepaernick?) um Gewissheit, wer denn nun besser ins Spielsystem passt. Vielleicht tut sich aber auch ein anderer auf. Es wäre nicht das erste mal.
Was passiert noch?
Zusätzlich zum rein sportlichen, werden die Spieler auch noch von den einzelnen Teams interviewt. Sie müssen beweisen, dass sie auch abseits des Spielfelds anständige Burschen sind und sich problemlos in Teams integrieren können. Desweitern muss sich jeder Spieler dem sogenannten „Wonderlic-Test“ stellen, einem Intelligenztest, dessen Ergebnisse nur den Teams verraten werden und ihnen Aufschluss geben soll, wie leicht ein Spieler die komplexen Spielzüge lernen kann.
Wo kann man den Combine verfolgen, wie ist der Zeitplan?
Zu sehen ist der Combine entweder über das NFL Network oder hauptsächlich auf nfl.com bzw. deren Youtube Plattform. Die On-Field Work-Outs beginnen am
- Freitag, 26. Februar mit den Kicker, Special Teams, Offensive Linemen und Running Backs
- Samstag, 27 Februar: Quarterbacks, Receiver und Tight Ends
- Sonntag, 28 Februar: Defensive Linemen und Linebacker
- Montag, 29 Februar: Defensive Backs
Soweit ein kurzer Überblick, wir lesen uns! Wie immer gilt: wer gern twittert kann das mit mir unter #seNFL oder @msenfter tun.
Titelbild: NFL / Facebook