Episode 4: Zeitfuge
Die stille Luft zensieren schrille Töne verwaister Maschinen. Wieder dröhnt es und die Kopierpresse spuckt aus ihrem Schlund, begleitet vom willkürlichen Farbenspiel der Leuchtknöpfe, gefühlt ganze Bücherreihen ins Nichts des Institutsflures. Blank und herrenlos taumeln sie nach kurzen Kunstflügen gen Plastikparkett, und erzählen in ihrem Fall einen Gedanken der freien Welt. Die Blätter liegen leer und niemand wird sie jemals abholen. Monumente und Analoga jener Köpfe, die das latente Schauspiel entgeistert betrachten. Es fällt auf, wenn jemand aufsteht, ihre und seine Bienenwabe verlässt und den Marsch zum Urinal oder zum Kaffeeautomaten am Ende des Hochsicherheitstraktes auf sich nimmt. Denn nur selten hallen Schritte der Isolation durch den überwachten Korridor. Augenblick fügt sich an Augenblick, ein und dasselbe Thema spielt über die Tastaturen der gekosteten aber nicht vollverzehrenswerten Frucht der jungen Geister, allein die Position des Uhrzeigers präsentiert sich in wechselnder Schieflage, immer im rechten Winkel zur Position des Oberkörpers. Das Klicken und Knacken der Tasten steigert sich zum Rauschen von an Felsen gebrochenen Wellen und mündet regelmäßig in eine Ebbe des Schweigens, Sekunden der gedankenlosen Reminiszenz, des abgerissenen roten Fadens, den schnell ein pragmatischer Knoten ereignet, denn Offenheit passt nicht ins Bild der in sich geschlossenen Uhr. Nur jenseits des Unipolarkreises lauert der Phantomschmerz, der da Muße genannt wird und Faulheit als Geistquelle tarnt. Ich klicke, die Kopierpresse beginnt erneut ihren Tanz.
Titelbild: (c) Thomas Sojer