Universität ist ein Ort des Austauschs, ein Ort der Wissensvermittlung, ein Ort der Forschung und ein Ort der Diskussion. Vieles davon funktioniert reibungsloser, wenn Menschen zusammenkommen dürfen, wenn Hörsäle bevölkert werden und Seminarräume kreativ belebt werden. Die Coronakrise hat auch die Welt der Universitäten auf den Kopf gestellt.
Vom Zwangsprojekt zur Hassliebe!
Die Zwangsumstellung aufgrund des coronabedingten Lockdowns war eine Challenge, die zunächst nicht auf viel Gegenliebe gestoßen ist. Viele Professoren haben ihre Inhalte nur halbherzig in die digitale Welt transferiert. Vorlesungen sind oft nur live gestreamt, nicht aber aufgezeichnet worden. Manche Professoren sind sogar so weit gegangen, dass sie sich geweigert haben, digitale Prüfungen durchzuführen und darauf gewartet haben, dass Präsenzprüfungen wieder möglich werden. Nachdem im Herbst 2020 relativ schnell klar wurde, dass uns diese Beschränkungen länger begleiten werden, haben sich auch die letzten sturen Köpfe überzeugen lassen und das Wintersemester 2020/2021 war quasi voll-digital! Je länger die digitale Zwangspause gedauert hat, desto besser hat Universität im digitalen Raum auch funktioniert.
Digitalisierung bringt Erleichterung!
Die Universitäten haben vermeldet, dass die Zahl der Studierenden und die Zahl der prüfungsaktiven Studierenden gestiegen sind. Zwei positive Kennzahlen für die digitale Universität. Studieren heißt manchmal auch drei Sachen gleichzeitig unter einen Hut zu bekommen und das geht nunmal leichter, wenn man drei Sachen gleichzeitig auf der Couch oder am Schreibtisch erledigen kann und nicht zusätzlich zwischen verschiedenen Standorten pendeln muss. Plötzlich konnte man eine Vorlesung wirklich anschauen und war nicht mehr auf ein drei Jahre altes Skript angewiesen, um die Inhalte selbst zu erarbeiten, weil man zu den Vorlesungsterminen arbeiten musste. Das Thema Erwerbstätigkeit neben dem Studium ist ein immer noch viel zu wenig breit diskutiertes. 65 Prozent der Studierenden in Österreich sind neben dem Studium berufstätig, mit einem durchschnittlichen Stundenausmaß von 20,5 Stunden pro Woche. Da muss man kein großes Mathematikgenie sein, um zu erkennen, warum mit der coronabedingten Digitalisierung mehr Studierende aktiv geworden sind.
Fortschritt verboten?
Ob die Universitäten den Wert der fortschreitenden Digitalisierung erkennen werden? Ein Mail aus dem Rektorat der Universität Innsbruck lässt starke Zweifel daran aufkommen. Darin heißt es:
„Wir möchten an dieser Stelle auch darauf hinweisen, dass ein virtuelles Alternativangebot im kommenden Wintersemester nur mehr für Personen zur Verfügung gestellt wird, die nachweislich aufgrund von Reisebeschränkungen oder eines Absonderungsbescheids (einer behördlichen Verordnung einer Quarantäne) nicht an Präsenzveranstaltungen teilnehmen können.“
Zitat aus dem Mail des Rektorenteams der Universität Innsbruck vom 23. Juni 2021
Bei aller Freude über die Rückkehr zur Präsenzlehre, ist das einfach schwach. So schnell wie möglich zurück zum allseits beliebten Status „weil’s immer schon so war“. Die richtige Antwort auf den digitalen Pilotversuch der letzten drei Semester wäre gewesen, in Zukunft das Beste aus beiden Welten zu vereinen und das so oft wie nur möglich. Aber Universität ist halt kein Ort des Fortschritts. Oder?